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Offizieller Bericht zum DAV-Kongress ´98 in Heidelberg

 

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Zur Lage des altsprachlichen Unterrichts in der Bundesrepublik Deutschland

 

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Maxima debetur puero reverentia" - ein Kernspruch für Pädagogen?

 

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Über den Umgang mit Dichterstolz (Horaz, carmen 3,30)

 

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Lateinunterricht am Computer - einige praktische Anregungen

 

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Zum Goethejahr 1999

 

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Pädagogische Methode einer Dichterin und Lehrerin

 

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Fliegen im Internet - Graben im Lateinischen

 

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Michael von Albrecht zum 65. Geburtstag

Dank an Erhard Kunack

Dr. Manfred Simon

 

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Zur Lage des altsprachlichen Unterrichts in der Bundesrepublik Deutschland

 

Bericht auf der Vertreterversammlung in Fulda am 20.2.1999


1. Die Vorsitzenden der Landesverbände

Die im Heidelberger Kongressbegleiter abgedruckte Übersicht ist nach wie vor gültig. Die Namen der Stellvertreter und weiterer Vorstandsmitglieder liegen den Unterzeichnern vor und können dort abgefragt werden.

 

2. Schüler

Die Zahlen für Latein I haben sich in mehreren Bundesländern - absolut gesehen - nicht geändert. Berücksichtigt man jedoch das Ansteigen der Schülerzahlen in den Gymnasien (z. B. Nordrhein- Westfalen: 69500 in 1997/98 gegenüber 65600 in 1996/97 [beides 5. Jahrgang]), ist der Anteil rückläufig. Offenbar gelingt es nicht, Eltern, die zunehmend auch schwach begabte Kinder am Gymnasium anmelden, zur Wahl des Lateinischen als erster Fremdsprache zu bewegen.

Während in Berlin die Meldungen für Latein I an den (wenigen) altsprachlichen Schulen steigen, bereitet die Entwicklung an den anderen Gymnasien der Hauptstadt Sorgen. Sie resultieren aus der Tatsache, dass in Berlin zunehmend bereits in der Grundschule ab Klasse 3 Englisch (oder Französisch) angeboten wird und die Eltern natürlich an einer Fortsetzung dieses fremdsprachlichen Unterrichts am Gymnasium interessiert sind.

Eine noch stärkere Bedrohung des Lateinunterrichts ab Klasse 5 stellt die ,flächendeckende` Einführung des Englischen an Hamburger Gymnasien dar. Man versucht die Akzeptanz von Latein I zu retten, indem man an den betreffenden „altsprachlichen" Schulen Englisch mit zwei bis drei Wochenstunden (auf Kosten des Lateinunterrichts?) ab Klasse 5 anbietet. Diskutiert wird auch die Möglichkeit, Latein erst ab Klasse 6 zu unterrichten. Diese Probleme in Berlin und Hamburg werden vermutlich bald auch die Altsprachler in anderen Bundesländern beschäftigen, denn der Trend, Englisch bereits in der Grundschule lernen zu lassen, wird sich trotz aller methodischer und didaktischer Bedenken nicht aufhalten lassen.

In den Berichten der letzten Jahre konnte die Zahl der Latein-II-Wähler jeweils als konstant bezeichnet werden. Jetzt zeichnet sich deutlich eine unterschiedliche Entwicklung ab: Während es in den ostdeutschen Ländern kleine Zuwächse gibt (in Ost-Berlin sogar größere), ist der Anteil der Latein-II-Schüler in einigen westdeutschen Ländern rückläufig, etwa in Nordrhein-Westfalen (46,8 % gegenüber 47,9 % im Vorjahr) oder Schleswig-Holstein (2865 gegenüber 3237 Schülern in Stufe 7). Besonders auffällig ist der Rückgang in Baden-Württemberg: 22,8 % gegenüber 25,1 %. In diesem Bundesland (wie auch im Saarland) gibt es Bestrebungen, Latein aus der Unterstufe zu verdrängen, so dass nur noch die Position als dritte Fremdsprache (ab Klasse 9) übrigbleibt. Eine solche Verschiebung des Lateinbeginns ist jedoch atypisch, denn Thüringen und Hessen melden einen drastischen Rückgang von Latein-III-Wählern, und auch in Nordrhein-Westfalen nimmt ihre Zahl seit Jahren kontinuierlich ab (1991/92: 11,2 %, jetzt 7,1 %). In der Mehrheit der Bundesländer sind dagegen signifikante Abweichungen nicht erkennbar.

Zur Lage des Lateinunterrichts in der Oberstufe: Wie bereits in den vergangenen Jahren zu beobachten, sind die Zahlen der Grundkursteilnehmer in etwa konstant, ja sie steigen sogar leicht an, aber leider auf Kosten der Leistungskurse. Besonders krass ist das Verhältnis in Nordrhein-Westfalen, wo 4450 Teilnehmern an Latein-Grundkursen im 12. Jahrgang nur 316 Leistungskursschüler gegenüberstehen.

Für das Griechische gilt das auf der Heidelberger Vertreterversammlung Gesagte (abgedruckt in Forum Classicum 2/1998): Man kann von einer Stabilisierung sprechen, freilich auf zahlenmäßig niedrigem Niveau. Auffällige Einbrüche werden nicht gemeldet. Aber das hohe Alter der unterrichtenden Lehrer und der fehlende Nachwuchs sind für dieses Fach existenzgefährdend.

 

3. Lehrer

Obwohl bekanntlich das Durchschnittsalter der Latein- und Griechischlehrer in allen Bundesländern höher ist als das anderer Fachvertreter, ist eine vorausschauende Personalpolitik nirgendwo erkennbar. Diese müsste die bereits erfolgten und besonders die in großer Zahl anstehenden Pensionierungen (Jahrgänge 1936/37) berücksichtigen. Allgemein wird beklagt, dass die Schulbehörden dem Mangel an Lateinlehrern dadurch abzuhelfen suchen, dass sie diese ausschließlich im Fach Latein einsetzen oder an zwei (manchmal sogar drei) Schulen unterrichten lassen. Die vom DAV nachdrücklich geforderten Einstellungskorridore, durch die Jahr für Jahr eine etwa konstante Zahl von Junglehrern in den Schuldienst aufgenommen werden sollte, gibt es offensichtlich nicht.

Nachdem in Baden-Württemberg 1996/97 noch 35 Bewerber für Latein und sechs für Griechisch eingestellt worden waren, fanden im Berichtszeitraum nur 13 Lehrkräfte mit dem Fach Latein eine Anstellung. Umgekehrt sind die Verhältnisse in Rheinland-Pfalz: 43/7 (Lat./Griech.) gegenüber 7/1 im Jahr 1996/97. So ändern sich die Berufschancen für Junglehrer von Jahr zu Jahr. Sichere Hinweise, wo im Jahr 1999/2000 Bewerbungen besonders erfolgversprechend sind, kann man also seitens des DAV nicht geben. Eine positive Perspektive enthält der Bericht aus Hessen, der von einer leichten Erhöhung der Einstellungsquoten in den nächsten Jahren spricht. Eine solche - nachträglich durch die Aussagen der Wahlsieger vom 7. Februar fundierte - Prognose findet sich in den anderen Berichten nicht.

Für die Schulbehörden und Kultusministerien gäbe es keine Probleme, unter den zahlreichen Bewerbern geeignete Lehrkräfte auszuwählen, denn die Zahl der altsprachlichen Lehrerinnen und Lehrer auf Wartelisten dürfte in den meisten westdeutschen Ländern dreistellig sein (in Hessen 200 in 1996/97). In Nordrhein-Westfalen ist sie sogar vierstellig, wenn man berücksichtigt, dass dort Jahr für Jahr deutlich über 200 Referendare ihr Zweites Staatsexamen ablegen (290 in 1997/98, 241 im Jahr davor). Selbst Länder, denen es an Nachwuchs fehlt, können Lehrkräfte aus diesem Reservoir holen: In Schleswig-Holstein wurden neun Bewerber aus anderen Bundesländern eingestellt.

 

4. Bildungs- und Schulpolitik

In der Lehrerausbildung gibt es deutliche Tendenzen zur Entprofessionalisierung. In Nordrhein- Westfalen sollen die Referendare vom 1.8.1999 an während ihrer zweijährigen Ausbildung in drei Halbjahren jeweils 5-6 Wochenstunden selbständigen Unterricht erteilen, ohne dass Mentoren sie begleiten. Wer die Berufsanfänger etwa bei der Vorbereitung und Durchführung des Unterrichts, der Erstellung und Bewertung von Klassenarbeiten sowie der Festsetzung von Noten (auch versetzungswirksamen) berät, ist unklar. Der Grund für diese Maßnahme ist rein finanzieller Natur, denn die so beschäftigten Referendare ersetzen ca. 100 Lehrer. - Sparpolitisch motiviert ist auch die Absicht der Landesregierung in Stuttgart, der anderthalbjährigen Referendarausbildung Praktika vorzuschalten. Halbjährige Praktika sind billiger als eine halbjährige Referendarausbildung.

Die TIMSS-Studien haben bekanntlich große Defizite in Mathematik und den Naturwissenschaften aufgedeckt. Einsichtige Bildungspolitiker äußern mit Recht die Vermutung, dass durch entsprechende Untersuchungen auch im Bereich der Sprachen erhebliche Mängel sichtbar würden. Das sächsische Kultusministerium will entgegensteuern und hat das Jahr 2000 zum ,Jahr der Sprachen` erklärt. Es bleibt abzuwarten, ob für die in Aussicht gestellten Aktionen und Maßnahmen (z. B. Information und Werbung, Einrichtung von Sprachseminaren, Aufbrechen der Monopolstellung des Englischen) die finanziellen und personellen Voraussetzungen geschaffen werden. Ein Erfolg Sachsens bei der Förderung der Sprachen würde sicherlich auf andere Bundesländer motivierend wirken.

„Qualitätssicherung" (auch im Bereich der Sprachen) heißt das Zauberwort in einigen Bundesländern, wobei geschickt der Eindruck erweckt wird, dass Qualität bereits vorhanden sei. In Nordrhein- Westfalen soll dieses Ziel unter anderem dadurch erreicht werden, dass in parallelen Kursen Klassenarbeiten an dem gleichen Tag und mit den gleichen Aufgaben geschrieben werden. Kollegen von anderen Schulen sollen als Zweitkorrektoren mitwirken. Diese Maßnahme, die auch die Abiturprüfungen betrifft, soll zunächst in den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik Umsetzung finden. Wir Altsprachler sollten eine Ausweitung dieser Überprüfungen auf unsere Fächer unterstützen.

 

5. Probleme des Unterrichts; besondere Angebote

Um Latein- und Griechischkurse in der Oberstufe einzurichten, hat man vielerorts Lösungen gefunden, die erhebliche methodische und lernpsychologische Probleme enthalten: Zusammenfassung von Grund- und Leistungskursen, Einrichtung jahrgangsübergreifender Lerngruppen, Verlegung des altsprachlichen Unterrichts in Randstunden.

Hinzuweisen ist auch auf neue Richtlinien und Lehrpläne für die Oberstufe (z. B. in Nordrhein- Westfalen und Thüringen). Auf Kosten des Fachwissens sollen Kompetenzen gefördert werden, die durch eine Facharbeit, einen Vortrag sowie ein Kolloquium im Rahmen der Abiturprüfung nachzuweisen sind. Während die Schaffung von Grundlagen wissenschaftlichen Arbeitens in Nordrhein- Westfalen dem Deutschunterricht im 11. und 12. Jahrgang zugewiesen wird, hat man in Thüringen ein eigenes Seminarfach eingeführt. Es ist natürlich fraglich, ob die für die Analyse altsprachlicher Texte notwendigen Techniken außerhalb des Latein- und Griechischunterrichts angemessen vermittelt werden können.

6. Wettbewerbe

Die Wettbewerbe sind unverändert eine sinnvolle Maßnahme, um die Akzeptanz der Alten Sprachen zu stützen und zu stärken. Negativ-kritische Hinweise zu Teilnahme und Durchführung finden sich nicht in den Berichten aus den Landesverbänden. Zu den Oberstufenwettbewerben: In Sachsen-Anhalt ist der erste Durchlauf des Certamen Franckianum zahlenmäßig und qualitativ erfolgreich verlaufen. In Rheinland-Pfalz ist zum Certamen Rheno-Palatinum, das zum zwölften Mal durchgeführt worden ist, eine Schrift „Information und Dokumentation der Jahre 1982 bis 1998" (hrsg. vom Pädagogischen Zentrum, Reihe „Impulse" Bd. 13) erschienen. Auch Berlin hat zum zehnjährigen Bestehen seines Wettbewerbs eine Broschüre herausgegeben; die dortigen Informationen sind auch über Internet abrufbar (http://www. b.shuttle.de/b/waldlos/). Allgemein gewinnt bei den mehrstufigen Wettbewerben die Selektivfunktion der ersten Stufe (Hausarbeit oder Übersetzung) noch mehr an Bedeutung. Das Ziel, besonders begabte und fähige Schüler durch den Wettbewerb herauszustellen, wird den Berichten zufolge nach wie vor erreicht. Die behutsame Anpassung der Anforderungen an Schüler in Grundkursen gelingt den Kollegen offenbar mit Erfolg, wie die Aufnahme von Siegern in die Studienstiftung auch dieses Jahr beweist.

Für die Stufen 9 und 10 plant Niedersachen im Frühjahr 1999 die Durchführung eines zweistufigen Wettbewerbs (Übersetzung und Hausarbeit). Zur Jahrtausendwende unternimmt Berlin einen Wettbewerb eigener Art: Einen „Kalender für das Jahr 2000" sollen die Schüler erstellen.

 

7. Fortbildungsmaßnahmen

Die Berichte ergeben kein einheitliches Bild. In den neuen Bundesländern werden die thematisch breitgefächerten Fortbildungsangebote (auch mehrtägige) offenbar gut angenommen und seitens der Landesregierungen verschiedentlich finanziell unterstützt. Dezentrale bzw. regionale Veranstaltungen lösen zentrale Fortbildungen zunehmend ab. In Sachsen ist ein vorläufig letzter Kurs zur Nachqualifizierung von Lateinlehrern abgeschlossen worden. Da ein Drittel der etwa 150 Teilnehmer sich dem Pensionsalter nähert, ist der fachspezifische Lehrermangel allerdings kaum behoben. In Sachsen-Anhalt sind die Lehrer zu acht Stunden Fortbildung außerhalb ihrer Unterrichtszeit verpflichtet.

In den alten Bundesländern werden zentrale Fortbildungen teils beibehalten (z. B. Baden- Württemberg, Rheinland-Pfalz), teils wegen ausbleibenden Erfolges oder finanzieller Sparzwänge stark reduziert oder aufgegeben (z. B. Hessen, Nordrhein-Westfalen). Die regionale oder unterregionale Fortbildung steht im Vordergrund. In einigen Ländern ist erkennbar, dass die Lehrerfortbildung weitgehend bildungspolitische Neuerungen wie Freiarbeit, Projekt- und Handlungsorientierung, fächerübergreifender Unterricht durchsetzen soll (z. B. Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz). Dass die sich hier andeutende Vernachlässigung fachwissenschaftlicher Themen bei den Kollegen vor Ort auf Dauer Zustimmung findet, darf bezweifelt werden. Das Erscheinen von neuen Lehrbüchern und Begleitmaterialien hat die Schulbuchverlage veranlasst, weitgestreute Nachmittagsfortbildungen anzubieten. Da die Referenten oft Mitverfasser oder Mitherausgeber sind, ist eine objektive Darstellung nicht immer gewährleistet.

 

8. Aktionen zur Information und Werbung

Die in früheren Berichten hervorgehobenen Aspekte (Vortragsreihen, Wettbewerbe, schuleigenes Werbeblatt, persönliches Gespräch, Präsentationstage, Elterninitiativen, Einbeziehung von Museen in die Unterrichtsarbeit, Stiftungen, Werbemaßnahmen von Landesverbänden) behalten ihre spezifische Bedeutung. Der Druck auf die alten Sprachen, sich in der Konkurrenz mit anderen Fächern Gehör zu verschaffen, nimmt eher noch zu. Ein zweifelloser Erfolg war die vom Landesverband Bayern durchgeführte Plakat-Aktion. Etwas zu wünschen lässt die bisherige Teilnahme am Versand. Eine flächendeckende Werbung ist noch nicht erreicht.

 

9. Planungen und Anregungen

Die Mitgliederwerbung beschäftigt mehrere Landesverbände. Eine besondere Schwierigkeit scheint die generelle Hemmschwelle, einem Verband oder Verein beizutreten. Der Landesverband Thüringen möchte eine Broschüre erarbeiten, die in Zusammenhang mit den Alten Sprachen mögliche Ziele für Exkursionen und Studienfahrten in regionalem, nationalem und europäischem Rahmen nennt und erläutert. Niedersachsen sucht im Gespräch mit Professoren der Göttinger Universität nach Möglichkeiten, das Griechische als drittes Studienfach zu etablieren und begleitende Werbemaßnahmen zu entwickeln.

Der Landesverband Berlin möchte ein Projekt fortsetzen, in dessen Rahmen bei einem ersten Probelauf zehn Lateingruppen aus Brandenburg (ca. 220 Schüler) mit der Deutschen Bahn AG als Sponsor nach Berlin zum Besuch des Pergamonmuseums fahren konnten.

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„Maxima debetur puero reverentia" - ein Kernspruch für Pädagogen?

(zu Iuv. Sat. 14,47)

Mit „mens sana in corpore sano" gehört das Iuvenalwort von der reverentia zu den bekannten Zitaten dieses unbekannten Autors. Immerhin hat er, wie M. von Albrecht in seiner Geschichte der römischen Literatur (Bd. 2, S. 819) ein wenig süffisant feststellt, mit solchen Sentenzen einigen Berufsgruppen Kernsprüche beschert, den Pädagogen eben „maxima debetur puero reverentia".

Gott sei Dank ist es unserem Spruch nicht so ergangen wie dem von der mens sana, dem die Turner den Satzcharakter vorenthalten und so empfindlich den Akzent verschieben. Aber er ist doch ein Selbstläufer geworden, aufnahmebereit für verschiedene Inhalte und Begründungen. Es kann ihn der in Anspruch nehmen, der für das Kind die allgemeine Menschenwürde einfordert, und der, der dem Kind eine eigene, unabhängige Würde zudenkt, etwa weil es der Natur noch enger verbunden oder weil es noch unschuldig ist oder gar weil es Gott und dem Reich Gottes näher steht.

Die Übersetzungen haben allesamt das Wort mit der Aura der Erhabenen umgeben. Am weitesten geht Reichert: „Achtung heiligster Scheu sind Knaben wir schuldig". Grundsätzlich, nicht nur pädagogisch müsse man das Wort nehmen. Iuvenal meine es „in jenem erhabenen Sinn, den die Bibel hervorkehrte, als sie die Ehre der Kinder predigte und ihren Schutz übernahm."1 Für „reverentia" findet man neben „Achtung" und „Scheu" noch „Respekt" und „Ehrfurcht". „puer" wird mal generell mit „Kind" oder „Knabe", mal speziell mit „Sohn" oder „Söhnchen" wiedergegeben. Die Mädchen werden von den meisten Übersetzern ignoriert.

Schauen wir uns den Kontext an! Das erste Großthema innerhalb der 14. Satire, der sog. Erziehungssatire, ist die Vorbildrolle der Eltern, insbesondere des Vaters (von Lehrern ist nie die Rede). Wer grausam gegenüber seinen Sklaven ist, zieht einen grausamen Sohn heran; die Tochter der Mutter, deren Liebhaber nicht mehr zu zählen sind, wird liederlich. Weil das so ist und wir nicht wollen können, dass unsere Kinder unsere Verbrechen nachahmen (wozu die Natur eher neigt als zum Gegenteil), darf nichts Schlechtes über deine Schwelle als Vater kommen.

Maxima debetur puero reverentia, si quid

turpe paras, ne tu teneros contempseris annos,

sed peccaturo obstet tibi filius infans.

(V. 47-49)2

Vorsicht, Vorsicht, wenn du was Schlimmes vorhast! Missachte nicht das kindliche Alter deines Sohnes! Nein, deinem bösen Vorhaben soll er, schon als Wickelkind, in den Weg treten! - Und wenn dein Sohn was ausgefressen hat, wirst du ihn zusammenstauchen, selbst wenn du ihm das Vergehen vorgemacht hast (50-55).3

Das klingt nun doch ziemlich ernüchternd, und der hehre Nimbus von reverentia beginnt noch mehr zu schwanken, wenn man die Bedeutung überprüft. Gewiss gehört das Substantiv einer gehobenen Ebene an.4 Es meint ja zunächst die Anerkennung eines vorgegebenen Wertes (z. B. des aequum, der leges, des Imperium Romanum, der literarischen studia) oder einer verdienten Person (z. B. der Eltern, der Älteren5, der Richter). Oft hat es sich aber von der Konnotation ,Wert` gelöst und muss schlicht mit „Rücksicht" wiedergegeben werden, Rücksicht auf Personen oder besondere Umstände wie Krankheit oder den guten Ruf. Am Ende könnte dann eine Übersetzung stehen wie „Du musst äußerste Rücksicht auf deinen Sohn nehmen", und damit wäre es um die Verwendbarkeit als Leitspruch für unser Metier endgültig geschehen.

Oder doch nicht? Leicht auszuräumen ist die Befürchtung, Mädchen würden ignoriert. Zwar steht der Sohn als Erbe und kommender Bürger (4. 70ff.) im Vordergrund. Gelegentlich ist aber das weibliche Geschlecht mitbezeichnet oder sogar eigens erwähnt (25ff. 74. 209. 220). Ob „reverentia" mit „Rücksicht" oder „Hochachtung" wiederzugeben ist, ist nicht so leicht zu entscheiden. Immerhin ist an den drei weiteren Belegstellen des Wortes bei Iuvenal (2,110; 5,72; 14,177) eindeutig „Ehrfurcht" oder „Hochachtung" gemeint. Eine gewichtige Instanz ist V. 49: Der dem Vater warnend den Weg verstellende Sohn erinnert leise an das Daimonion des Sokrates. In Verbindung mit der kühnen Hyperbel „infans" wird so zweifellos das Geschehen aus der Sphäre der Alltäglichkeit emporgehoben. Wer nun immer noch die Übersetzung „Rücksicht" fordert, soll sich die Sentenz selbst ansehen. Sie gewinnt ihre Dichte und Prägnanz durch die Kernworte „puero" und „reverentia". Nebeneinander gestellt, wollen sie doch wohl als Paradoxon gelesen werden: dem Kind gebührt die reverentia des Alters, und zwar maxima.

Man geht gewiss nicht zu weit, wenn man festhält, dass Iuvenal eine gehobene formale und inhaltliche Ebene angestrebt hat. Und man wird ihm auch nicht eine ungewöhnliche Sensibilität in Sachen Erziehung absprechen. In diesem Punkt kann man ihn in eine Reihe mit Quintilian und dem jüngeren Plinius stellen.

So wäre unser Kernspruch für Pädagogen doch gerettet - denn wenn sie auch als Erzieher nicht Vater sind, ,väterliche (oder mütterliche) Erzieher` können sie doch sein, und Vorbild sind sie, ob sie es wollen oder nicht.

Es gibt Worte, die selbst eine philologische Hinrichtung unbeschadet, ja neugeboren überstehen würden. Vielleicht gehört unseres dazu. Neu geboren wird es ja in jeder eigenständigen Rezeption, wozu es durch seine inhaltliche Offenheit und poetische Qualität einlädt. Sein Kern, die reverentia mit dem positiven Element der Achtung und dem negativen der Zurückhaltung, sorgt dafür, dass es nicht missverstanden und nicht missbraucht werden kann. Wir können uns freuen, dass schon die Antike das alte Motto „Wer nicht gezüchtigt wird, wird nicht erzogen" ad acta gelegt und uns ein neues, nicht überholbares geliefert hat.

Anmerkungen

1) Heinrich G. Reichert: Urban und human. Unvergängliche lateinische Spruchweisheit, Hamburg 1956; hier zitiert nach dem Goldmann TB, München 1965, S. 205.

2) Zitiert nach der Ausgabe von J. Willis (Stuttgart/Teubner 1997); aus der Literatur sei der Iuvenal-Kommentar von E. Courtney, London 1980, hervorgehoben.

3) Entschieden weiter geht die alte Dame bei Plin. ep. VII 24,5, die den Enkel nicht nur wegschickt, wenn sie Pantomime anschauen, sondern sogar, wenn sie ein harmloses Brettspiel machen will - „was sie, dachte ich, nicht mehr aus Liebe zu ihm tat als aus reverentia".

4) Ovid (fast. V 23-29) macht Reverentia zur Mutter der Maiestas (Vater ist Honor) und stellt sie in eine Reihe mit Pudor und Metus.

5) Plinius (ep. IV 17,6) rühmt sich, dass Corellius ihm, als er noch adulescentulus war, honor und reverentia erwies wie einem Gleichaltrigen. - Einen grotesken Beleg liefert Martial, der wie immer für einen harten Witz gut ist: Einer aufgetakelten Dirne, die ,es nicht lassen kann`, wirft er vor, sie habe nicht einmal reverentia vor ihrem in Ehren ergrauten cunnus (IX 37,7).

Walter Burnikel, Dudweiler

 

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Lateinunterricht am Computer - einige praktische Anregungen

 

„Es ist wie eine Verhexung über dem Latein, daß alles, was von ihm stammt, das Zeichen der Langeweile und des Todes trägt: die ,Freude` hört auf zu lächeln, wenn sie durch ,gaudium` gegangen ist, das ,Gemetzel` ist nicht mehr schrecklich, wenn es ,caedes` übersetzt, und die ,Rose` ist verblüht, wenn man ,rosa` dekliniert hat."1

Diese Zeilen sind leider immer noch genauso wahr wie zum Zeitpunkt ihrer Abfassung vor mehr als 30 Jahren, wenn sie nicht sogar noch „wahrer" geworden sind. So sehr wir uns als Lateinlehrer auch bemühen, das Faszinosum des antiken Stoffes kann nicht immer in der ersehnten Weise vermittelt werden. Inzwischen gibt es jedoch mehr und mehr Versuche, ein vielseitiges Spielzeug der SchülerInnen so geschickt in den Lateinunterricht einzubauen, dass etwas von seinem Reiz auf das Unterrichtssujet abfärbt. Eine Reihe von Programmen für den Computer sind auf dem Markt, die helfen sollen, Vokabeln und Grammatik zu pauken oder die Textarbeit zu vereinfachen. Vielfach sind diese Programme so angelegt, dass sie im Unterricht Verwendung finden können. Versierte KollegInnen erstellen daneben auch eigene, den Bedürfnissen ihrer Lehrsituation angepasste Programme. Der praktische Einsatz des neuen Mediums im Lateinunterricht stößt jedoch vor allem auf zwei Schwierigkeiten. Zum einen fehlt in Zeiten geringer Mittel oft das Geld für zusätzliches Material wie Sprach-Software. Zum anderen fühlen sich Nicht-Fachleute unten den LehrerInnen oft überfordert, wenn es darum geht, mittels eigener Programmierleistung selbst die Grundlagen für die Arbeit im Unterricht zu schaffen.

Im Folgenden möchte ich daher eine andere Möglichkeit vorstellen, den Computer im Lateinunterricht zum Einsatz kommen zu lassen, die ohne zusätzliche Programme auskommt und bei den Unterrichtenden kaum eigene Computerkenntnisse und ganz sicher keine Programmierleistungen voraussetzt. Notwendig sind lediglich Kenntnisse, wie sie gebraucht werden, um etwa die eigene Unterrichtsvorbereitung am Computer zu erledigen.

Ziel dieses Verfahrens ist es, den Computer bei der Analyse komplexer Satzstrukturen im Vorfeld der Übertragung ins Deutsche zu benutzen. Die eigentliche Übersetzungsarbeit findet weiterhin in konventioneller Weise im Klassenraum und auf dem Papier statt.

Technische Voraussetzung ist zunächst ein beliebiges einfaches Textverarbeitungsprogramm, wie dies auf den meisten PCs mit dem Betriebssystem mitgeliefert wird. Beispielsweise würde WordPad, das interne Programm von Windows 95, den Anforderungen genügen. Ich selbst habe mit dem schon fast antiquiert zu nennenden Programm WORKS 3.0 für DOS von MICROSOFT gearbeitet. Das benötigte Leistungsvermögen des Programmes ist gering: wir brauchen die Möglichkeit, fett und kursiv zu setzen, zu unterstreichen und mittels verstellbarer Tabulatoren Textpartien einzurücken.

Entsprechend müssen die benötigten Computer keineswegs moderne PENTIUM-Prozessoren besitzen. Sobald das gewählte Textverarbeitungsprogramm zum Laufen gebraucht werden kann, ist die gerätetechnische Ausstattung als völlig ausreichend zu betrachten. Wichtiger ist, dass für je zwei SchülerInnen ein Computer zur Verfügung steht, und eine möglichst durchgehende Benutzung dieser Computer während sämtlicher Lateinstunden organisatorisch möglich ist. Der Computerraum sollte die Möglichkeit bieten, ein herkömmliches Unterrichtsgespräch führen zu können, also beispielsweise Tischreihen besitzen. In meinem Fall waren in der Mitte des Raumes ausreichend Tische für alle SchülerInnen zu einem Kreis zusammengestellt.

Am besten lässt sich der Computer einsetzen, wenn man eine Doppelstunde zur Verfügung hat, weil es für dieses Medium atypisch ist, die Arbeiten innerhalb von etwa zwanzig Minuten abzuschließen _ und mehr Zeit bleibt in einer Einzelstunde zwischen Einstieg, Hausaufgabenkontrolle und Auswertung selten. Hinsichtlich der Textauswahl bietet sich ein nicht zu langer Text mit einigen längeren Satzgefügen an, wobei jedoch vor allem der erste Satz noch nicht

zu komplex sein sollte, um den SchülerInnen den Einstieg nicht unnötig zu erschweren.

Ausprobiert habe ich das hier beschriebene Verfahren in einer 9. Klasse, die Latein als erste Fremdsprache lernte und nach der Lehrbuchphase am Computer erstmals Erfahrungen mit Originallektüre sammelte. Als besonders günstig erwies sich, dass alle SchülerInnen im Rahmen des Wahlpflichtunterrichtes zu Anfang der 9. Klasse in die Benutzung des Computers eingeführt worden waren. Zwingend nötig ist eine solche Vorbereitung allerdings wohl nicht. Wie sich schnell zeigte, hatten die meisten SchülerInnen zu Hause schon so viel Berührung mit dem Computer als Spielgefährten gesammelt, dass sie fast beleidigt waren, als ich das Speichern und Laden von Dateien noch einmal wiederholen wollte.

Ausgangspunkt war ein Verfahren, das Peter Petersen im Rahmen eines Vortrags vorstellte. Dabei wird Text kolometrisch angeordnet, indem mit jeder neuen Sinneinheit eine neue Zeile begonnen wird.2 Petersen hatte darüber hinaus den Einfall, die auf diese Weise erreichte Neuordnung des Textes von den Schülern selbst mittels Computer vornehmen zu lassen.3 Er benutzte dafür die MACRO-Funktion des Textverarbeitungsprogramms WORD.4 Mit deren Hilfe ließ er die Schüler zunächst nach „Komma, Punkt, Semikolon, Doppelpunkt, Frage- und Ausrufezeichen", danach auch nach den Konnektoren „et, atque und nec" suchen und nach jedem dieser Zeichen und Konnektoren einen Absatz einfügen. Im Anschluss daran „beginnt die Feinarbeit am Bildschirm:

1. Einrückungen vornehmen für die Gliedsatzunterarten.

2. Markieren von Verbalinformationen durch Fettdruck, wobei die Gliedsatzprädikate zusätzlich kursiv markiert werden.

3. Markieren aller Konnektoren mit a) Kursiv bei Hauptsatzkonnektoren und b) Kursiv und Fett bei Gliedsatzkonnektoren.

4. Unterstreichen aller Subjekte.

5. Sonstiges, was sofort auffällt: z. B. Abtrennen durch |...| von Zusammengehörendem."5

Im wesentlichen bin ich Petersens Vorschlägen gefolgt, habe sie jedoch vor allem an zwei Punkten verändert. Zum einen wollte ich den
Schülern kein fertiges Konzept dessen vorlegen, was sie am Text verändern sollten. Meines Erachtens sollte sich die Markierung bestimmter Wortarten oder auffälliger grammatischer Erscheinungen den Bedürfnissen der Schüler in der konkreten Situation des Einstiegs in die Lektüre anpassen.

Zum anderen verzichtete ich auf das mechanische Einfügen von Absätzen, weil hier im Text gewissermaßen „ohne Ansehen der Person" Änderungen vorgenommen werden sollten, die in Einzelfällen völlig sinnlos sein konnten. Ein solches mechanisches Arbeiten erscheint mir gerade als eine große Gefahr beim Umgang mit dem Computer, denn wer kennt nicht beispielsweise die oft sinnlose Weise, in der mit Hilfe des Computers die Silbentrennung durchgeführt wird. Auf ein solches Glatteis wollte ich die Schüler nicht führen.

Entsprechend schaltete ich der eigentlichen Arbeit am Computer eine Planungsstunde vor. Im Vorfeld konnte so geklärt werden, welche Veränderungen die Schüler selbst gegenüber dem normalen Druckbild eines lateinischen Textes als sinnvoll ansahen. Dabei wurde gemeinsam ein Arbeitsblatt als Legende gestaltet, das dann als Grundlage für die Arbeit am Computer diente und an der im Laufe der konkreten Arbeit am Computer weitergefeilt wurde. Jedesmal, wenn die SchülerInnen ein neues Problem erkannten, trugen wir die gemeinsam gefundenen Lösungen auf dem Arbeitsblatt nach.

Was haben die Schüler nun eigentlich am Computer gemacht? Kurz gesagt: sie haben den Text, den ich ihnen im Vorfeld auf ihre jeweiligen Arbeitsplätze gespielt hatte6, neu gesetzt. Dazu haben sie mit Petersen am Beginn jedes neuen Teilsatzes eine neue Zeile begonnen sowie wichtige grammatikalische Strukturen markiert. Auf diese Weise wurde der Text stark auseinandergezogen und in seiner Struktur transparenter gemacht. Im einzelnen sah die von uns erarbeitete Legende folgendes vor:

 

1. Grundsätzlich wurden

a) Subjekt und Prädikat unterstrichen;

b) Konjunktionen, die Nebensätze einleiten, sowie Relativpronomina fettgedruckt;


c) A.c.I., Ablativus absolutus und Participium coniunctum sowie deren Beziehungswörter kursiv gesetzt;

d) Gerundium und Gerundivum unterstrichen, kursiv gesetzt und fettgedruckt;

e) alle Eigennamen in GROßBUCHSTABEN gesetzt.

2. Ein Hauptsatz wurde hervorgehoben, indem mit ihm eine neue Zeile begonnen wurde.

3. Ein vom Hauptsatz abhängiger Nebensatz wurde hervorgehoben, indem mit ihm eine neue Zeile begonnen und mit dem Tabulator einmal eingerückt wurde.

4. Ein von einem Nebensatz abhängiger Nebensatz wurde hervorgehoben, indem mit ihm eine neue Zeile begonnen und mit dem Tabulator zweimal eingerückt wurde.

5. Sich aufeinander beziehende Konjunktionen wurden genau untereinander gesetzt.

6. Appositionen wurden entweder nicht markiert oder unter das Wort gesetzt, das sie näher bezeichneten.

7. Relativpronomina wurden unter ihr Bezugswort gesetzt.

Die Arbeit am Computer bringt einige spezifische pädagogische Probleme mit sich. Das schwierige Problem der Korrektur der Schülerarbeiten kann auf unterschiedliche Weise gelöst werden. Optimal wäre sicher, am Ende jeder Stunde den bearbeiteten Text auszudrucken und am Anfang der Folgestunde gemeinsam _ eventuell mittels korrekter Folienvorlage _ zu korrigieren. Das kann aber auf Probleme stoßen, beispielsweise wenn pro Raum nur ein Drucker zur Verfügung steht und sich das Ausdrucken von zehn oder mehr Dokumenten von selbst verbietet. Auch verlangt das gezielte Ausdrucken des jeweils bearbeiteten Textausschnittes doch ein bisschen mehr Kenntnisse in Textverarbeitung, als man bei SchülerInnen etwa einer 9. Klasse voraussetzen kann. Alternativ kann am Ende der Stunde die gemeinsame Besprechung mittels Folienschnipseln stehen, die von den SchülerInnen in der Weise gelegt und markiert werden wie vorher am PC geschehen. Natürlich kann der oder die Unterrichtende auch einfach am heimischen Computer eine Musterlösung erstellen und für alle vervielfältigen, ein Verfahren, das sicher effektiv ist,
aber den Nachteil hat, dass das „Werk" der SchülerInnen in letzter Instanz nicht so „sinnvoll" ist, als wenn sie wirklich „ihren" eigenen Text erstellen. Um die Gründlichkeit der Korrektur am Computer zu erhöhen, kann man gelegentlich die Paarzusammensetzung verändern, so dass immer ein Schüler pro Paar einen fremden Text durchschaut _ im Allgemeinen ist man bei fremden Arbeiten ja kritischer als bei der eigenen.

Ein weiteres Problem sind Tempo und Qualität der Arbeit in den jeweiligen Zweiergruppen. Dies kann deutlich stärker auseinanderklaffen als bei Partnerarbeit im Klassenraum. Im Umgang mit dem Computer geübte Schüler erledigen die Aufgaben schon allein aufgrund der höheren Trefferquote der Mausbewegungen in der Hälfte der Zeit, machen aber, wenn sie nicht überdurchschnittlich gute Lateinschüler sind, gerade aufgrund ihres hohen Tempos viele Flüchtigkeitsfehler. Wenn diese Schüler sonst nur selten durch Schnelligkeit glänzen können, möchte man vielleicht nicht sofort ermahnen und zum gründlicheren Arbeiten auffordern, um einen eventuellen Motivationsschub nicht sofort wieder zu stoppen. Auf der anderen Seite können ausgesprochen gute Lateinschüler die Erfahrung machen, dass sie am Computer nur sehr langsam vorankommen und zunächst frustriert reagieren. Es bietet sich daher an, mit der Gruppenzusammenstellung so lange zu experimentieren, bis je ein guter Lateinschüler mit einem Computerfreak zusammenarbeitet. Besonders im Lateinischen schwächere Schüler können so die Erfahrung machen, dass ihr außerschulisch erworbenes Können für den Unterricht Relevanz hat, während sie im Idealfall kostenlosen Nachhilfeunterricht bekommen. Gute Lateinschüler dagegen erkennen möglicherweise Defizite, die ihre sonst immer schlechteren Mitschüler ausgleichen helfen können.

Zum Schluss sei noch auf die Möglichkeit hingewiesen, die SchülerInnen _ etwa im Rahmen einer Projektwoche _ ein eigenes lateinische Buch herstellen zu lassen. Der Text wird dabei am Computer kolometrisch gegliedert und vollständig ausgedruckt. Über die Aufnahme einer deutschen Übersetzung können die Schüler selbst entscheiden. Auf jeden Fall sollten für das Verständnis des Textes hilfreiche Karten und Abbildungen

integriert werden. Zum Abschluss werden dann die Blätter zum Buch zusammengestellt und gebunden. Damit können die Schüler ihr Wissen wirklich einmal „getrost nach Hause tragen".

 

1) Jean Marouzeau, Das Latein, München 1969, S.9.

2) Leider sind die methodisch-didaktischen Vorschläge von Peter Petersen nicht in Buchform erschienen, so dass ich im folgenden auf das Material zurückgreifen muss, das er uns während seines Vortrages im Rahmen der BIL-Lehrerfortbildung am 4. Dezember 1995 in Berlin austeilte, ergänzt durch meine Erinnerung an seinen Vortrag. Für das Folgende siehe sein unveröffentlichtes Manuskript, Berlin 1995.

3) Petersen, a.a.O., S. 1/2.

4) Die MACRO-Funktion erlaubt es, Befehlsketten immer wieder ausführen zu lassen, ohne jedesmal alle Befehle einzeln eingeben zu müssen.

5) Zitat Petersen, a.a.O., S.55/56.

6) Bei nicht miteinander vernetzten Computern ist es sinnvoller, den Text mittels Disketten an die Schüler zu verteilen und von ihnen auf die Festplatte spielen zu lassen.

antikinitiale2.jpg (4138 Byte)  Doris Hellmuth, Berlin