Michael von Albrecht zum 65. Geburtstag
Am 22. August 1998 feierte Prof. Dr. Michael von Albrecht, Universität Heidelberg,
seinen 65. Geburtstag. Aus diesem Anlass - und zugleich anlässlich seiner Emeritierung -
fand am 28. November 1998 in der voll besetzten Alten Aula der Universität Heidelberg
eine Akademische Feier statt. Für den DAV sprach Helmut Meißner ein Grußwort:
Sehr verehrter Herr Professor von Albrecht, sehr verehrte Frau von Albrecht, sehr
geehrte Festversammlung!
Der Deutsche Altphilologenverband, und überhaupt die Lehrer der alten Sprachen, sind
mit ganz besonderer Freude dabei, wenn es darum geht, Professor von Albrecht zu ehren.
Michael von Albrecht ist nicht nur ein äußerst erfolgreicher Hochschullehrer; er
engagiert sich auch für die Sache des Gymnasialunterrichts. Diese Haltung ist nicht
selbstverständlich:
Trotz des riesigen Arbeitspensums, das er in seine wissenschaftliche Tätigkeit
investiert, findet er immer wieder Zeit und Schwung, sich z. B. der Lehrerfortbildung
zu widmen. So kommt er oft zu den Ferientagungen baden-württembergischer Latein- und
Griechischlehrer in Gaienhofen, als Referent - und als Teilnehmer!
Eine zweite Facette seines Engagements im Schulbereich sind seine Vorträge vor
Schülern: An mehreren Orten Baden-Württembergs werden den Schülern der
Latein-Leistungskurse jedes Jahr während der Abiturvorbereitung Vorträge von
Hochschullehrern über das jeweilige Hauptthema der schriftlichen Prüfung angeboten. Da
sind dann in einem Saal manchmal bis zu 200 Abiturienten versammelt. Keine leichte Aufgabe
für den Referenten, hier den richtigen Ton zu treffen. Prof. von Albrecht hat diese
Aufgabe immer mit großem Erfolg bewältigt: Niveauvoll und doch verständlich, warmherzig
und mit liebenswürdigem Witz. Die Schüler merken, dass er hinter dem steht, was er sagt.
- Zu unserer großen Freude hält Herr von Albrecht auch in diesem Schuljahr wieder
Vorträge dieser Art. Sein Thema diesmal: Seneca.
Ein drittes Feld, auf dem sich Prof. von Albrecht für den altsprachlichen Unterricht
einsetzt, ist der von der Öffentlichkeit wenig beachtete, aber doch seit langem
andauernde Kampf um die Existenz der alten Sprachen am Gymnasium. Michael von Albrecht
setzt sich unermüdlich - und kraftvoll! - für die alten Sprachen ein. Immer wieder
konnten wir es erleben, wenn von der Politik wieder einmal ein Plan kam, der die alten
Sprachen in zusätzliche Bedrängnis brachte: Prof. von Albrecht lässt sich nicht erst
lange bitten: Er hilft!
Das vierte Gebiet, auf dem sich Michael von Albrechts Verbundenheit mit dem
Gymnasialunterricht zeigt, sind natürlich seine Bücher und Aufsätze: Schon 1970
veröffentlichte er, zusammen mit dem bekannten Didaktiker Helmut Vester, ein am
Schulunterricht orientiertes Buch über Ciceros Rede Pro Archia". Eine
Pionierleistung!
Kürzlich las ich einen Bericht eines jungen Kollegen, der Ovids Metamorphosen"
im Unterricht behandelt hatte. Unter den zahlreichen Unterrichtshilfen, die es dazu gibt,
hatte ihm ein Lehrerkommentar besonders genützt. Titel: Interpretationen und
Unterrichtsvorschläge zu Ovids ,Metamorphosen`." - Autor: Michael von Albrecht!
So wie es diesem jungen Kollegen kürzlich bei der Behandlung Ovids ging, so ergeht es
uns anderen Lateinlehrern schon lange auch bei vielen anderen Fragen, z. B. bei der Frage
der Wirkungsgeschichte römischer Literatur bis heute. Hier gibt es seit inzwischen 10
Jahren von Albrechts einschlägiges Buch Rom: Spiegel Europas". - Und nachdem
im Jahre 1992 seine zweibändige Geschichte der römischen Literatur"
erschienen ist, gehört von Albrecht endgültig zu den unentbehrlichen wissenschaftlichen
Helfern des Lateinunterrichts.
Empfindungen, die einem großen Wissenschaftler entgegengebracht werden,
charakterisiert man oft mit Begriffen wie Bewunderung" und Hochachtung".
Bewunderung" und Hochachtung" - solche Ausdrücke treffen zweifellos
auch auf die Empfindungen vieler von uns für Michael von Albrecht zu. Aber bei dieser
Beschreibung fehlt doch etwas. Als Latein- und Griechischlehrer hat man täglich vor
Schülern zu stehen und muss gleichsam an vorderster Front den Druck aushalten, den
andersgerichtete Meinungen und Interessen gegen die alten Sprachen erzeugen. Prof. von
Albrecht ist einer, auf den wir in diesem alltäglichen Kampf zählen können. Diese
großartige Erfahrung ist es, die über Bewunderung" und Hochachtung"
hinaus ein Gefühl der Dankbarkeit entstehen lässt, einer Dankbarkeit, die vielleicht
noch genauer zu präzisieren wäre durch Stoßseufzer wie ,,Hoffentlich bleibt er uns noch
lange erhalten!"
Wir wünschen Ihnen, sehr verehrter, lieber Herr Professor von Albrecht, dass Sie
gesund bleiben, dass Ihnen auch in den kommenden Jahren recht viel von dem gelingt, was
Sie sich vorgenommen haben, dass Sie am Schaffen weiterhin Freude haben und dass Sie im
übrigen nicht zu selten das Gut genießen können, von dem Sie sich bisher gewiss oft
mehr gewünscht haben: Muße.
Die guten Wünsche, die wir Ihnen aussprechen, sind - Sie haben es gemerkt - keineswegs
ganz uneigennützig. Wir sind stolz darauf, dass wir einen solchen Universitätslehrer
haben. Wir brauchen Ihre Fähigkeiten in Zukunft nicht weniger als bisher, und wir hoffen
auch weiterhin auf Sie zählen zu können!
Zur Emeritierung des Heidelberger Latinisten Michael von Albrecht fand am 28.11.1998
in der Alten Aula der Universität Heidelberg eine Akademische Feier statt. Seine Dankesworte"
enthielten auch grundsätzliche Anmerkungen zur Bildungspolitik:
Die alten Sprachen bleiben ewig jung und lebendig - Zitate aus
Michael von Albrechts Dankesrede zu seiner Emeritierung
Es steht dem Individuum zu, im eigenen Leben die Entwicklungsstadien der Gattung zu
wiederholen; nur wer die eigene Identität kennt, kann sich später dem Fremden in
Freiheit öffnen.
Die frühzeitige Berührung mit der Antike ist - wie auch die Begegnung mit der Bibel -
ein Menschenrecht, das wir der Jugend Europas nicht vorenthalten dürfen, nicht wegen
irgendeines törichten Ausschließlichkeitsanspruchs, sondern weil es sich um unsere
Vergangenheit handelt, die man kennen muss, auch und gerade wenn man glaubt, sie
überwinden zu sollen.
Latein soll frühzeitig gelernt und nicht erst auf der Universität nachgeholt werden.
Daher meine Bitte an die Universität, ihre Liebe zum Latein nicht still für sich zu
behalten, sondern offen zu bekennen.
Die im Lateinunterricht vermittelte Sprachreflexion erleichtert nicht nur das Erlernen
fremder Sprachen, sondern entwickelt auch allgemein die Fähigkeit zum Transfer, ein
Vorteil in einer mobilen Gesellschaft, die immer öfter zum Berufswechsel zwingt.
Die wissenschaftspropädeutische Kraft der alten Sprachen beruht nicht zuletzt auf der
grammatischen Lehrmethode, die den ersten Schritt stets vor dem zweiten tut, dadurch dem
Schüler Sicherheit verleiht und es ihm ermöglicht, selbständig eine eigene innere Welt
aufzubauen.
Das präzise, kontrastiv zwischen Latein und Deutsch differenzierende Übersetzen
fördert den bewussten Umgang mit der Muttersprache: ein ganz erhebliches
emanzipatorisches Potential!
Philologisches Lesen ist kein Luxus. Der unphilologische Leser sucht und findet in
allen Texten nur sich selbst. Der philologische aber bedenkt die Situation des Schreibers
und die Entstehungsbedingungen und inneren Gesetzmäßigkeiten des Textes, kurz: er
entdeckt das Fremde und bemüht sich, es zu verstehen. Mag dies auch nie vollkommen
gelingen, doch bricht allein schon der Versuch die Selbstbezogenheit des einsamen Ich auf.
Begegnung wird möglich, Reflexion, die auf das lesende Individuum zurückwirkt und es von
bloßer Selbstbespiegelung zur Selbsterkenntnis führt.
Auch ich bin gegen tote Sprachen, aber gerade deswegen für Latein und Griechisch. Was
lebendige Sprache ist, lernt man nicht an den toten Worthülsen der Politik und der
Werbung, sondern von Homer, Vergil, Dante, Goethe.
Nicht zufällig bekämpften Wilhelm II. und Hitler das humanistische Gymnasium.
Wir Fachvertreter kommen und gehen, aber die so oft totgesagten alten
Sprachen" bleiben ewig jung und lebendig.
Wir leben mit dem Berufsrisiko, dass die Öffentlichkeit unser Reden über griechische
Menschlichkeit und römische Vertragstreue an unseren Taten misst.
Der Gesetzgeber scheint manchmal zu vergessen, dass der akademische Nachwuchs zum
Kostbarsten gehört, was unser Land besitzt. Daher wünsche ich uns allen den Mut und die
Freudigkeit, die humanistischen Werte glaubwürdig zu vertreten und die Menschenrechte der
uns anvertrauten jungen Generation mit demselben Nachdruck zu verteidigen, mit dem wir
unsere persönlichen Belange durchzusetzen pflegen.
Es gibt zu denken, dass in Rußland die Universitäten für alle sprachlichen und
historischen Fächer am Latinum festhalten ... Statt darüber zu diskutieren, ob Rußland
noch zu Europa gehört, sollten wir uns fragen, ob wir noch zu Europa gehören, wenn wir
auf Latein verzichten!
Notiert von Helmut
Meissner
Dank an Erhard Kunack
den Vorsitzenden des Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern
Als wir, Kristine Schulz und ich, im Jahr 1990 im Robertinum der Universität Halle alle
bekannten Latein- und Griechischlehrer zu einem ersten Treffen zusammenriefen - von heute
aus gesehen bereits ein historisches Ereignis - , machten wir uns zum Abschluss sofort an
die Gründung von Landesverbänden; dazu bedurfte es engagierter, risikofreudiger und
keineswegs arbeitsscheuer Leute, die den Vorsitz in den neuen Bundesländern übernahmen.
Ich fragte Erhard Kunack aus Schwerin, als wir beim Mittagessen zusammensaßen, ob er
diese Aufgabe nicht für Mecklenburg-Vorpommern übernehmen wolle. Wenn Sie mir das
zutrauen, dann will ich mich gerne zur Verfügung stellen." So seine Antwort. Aus
Zutrauen wurde Vertrauen. Herr Kunack hat seitdem - stets in engem Kontakt mit dem
Bundesvorsitzenden - den Landesverband im Norden aufgebaut und ständig ausgebaut, wobei
er ältere und jüngere Kolleginnen und Kollegen gut in die Verbandsarbeit integrierte. In
ständiger Fühlungnahme mit den Kultusbehörden in Schwerin gelang es ihm, dem Fach
Latein (in Ansätzen auch Griechisch) eine angesehen Stellung im Curriculum des Gmynasiums
zu verschaffen. In Rostock konnte sogar eine Schule mit Latein als 1. Fremdsprache in das
Angebot aufgenommen werden (wie dies bereits in Schwerin der Fall war).
Stets am Herzen lag dem Vorsitzenden die harmonische Zusammenarbeit mit den Vertretern
der Universitäten Rostock und Greifswald. In Rostock wurden mehrere Gruppen von
postgraduierenden Lehrern für das Fach Latein erfolgreich ausgebildet; die Universität
Rostock ist auch der alljährliche Ort der Lehrerfortbildung, die immer - wegen des
abwechslungsreichen Programms - eine große Zahl von Teilnehmern wahrnimmt. Als die Gefahr
bestand, dass die Lehrerausbildung an der Rostocker Universität eingestellt würde,
setzte sich auch der LV Mecklenburg-Vorpommern vehement zur Wehr, am Ende erfolgreich.
Unter der Führung Kunacks wurde auch der Landeswettbewerb Certamen
Balticum" gegründet und schon mehrmals erfolgreich durchgeführt; alle Anregungen,
die vom Bundesverband ausgingen, wurden vor Ort tatkräftig umgesetzt. Die dadurch in Gang
gekommene Entwicklung führte dazu, dass das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern in der
Vertreterversammlung des Bundesverbandes eine allseits geachtete Position einnimmt. Herr
Kunack brachte dort sehr oft seine Überzeugung entschieden zur Geltung.
Mit dem Jahr 1998 beendete Erhard Kunack seine Vorstandsarbeit; er hat einem tüchtigen
jüngeren Kollegen die Stafette übergeben, Herrn Leif Berling, von dem er überzeugt ist,
dass er seine Aufbauarbeit erfolgreich fortsetzt. Ich möchte dem sympathischen und
jederzeit fairen, von humanistischem Geist erfüllten Kollegen für seine Arbeit
persönlich und im Namen des Deutschen Altphilologenverbandes herzlich danken. Er hat sich
zweifellos um den altsprachlichen Unterricht in Deutschland verdient gemacht.
Friedrich Maier
Dr. Manfred Simon
einem Latein-Pionier in Thüringen zum 65. Geburtstag
Am 30.1.1999 feierte Dr. Manfred Simon, Jena, seinen 65. Geburtstag; das ist auch für den
Deutschen Altphilologenverband ein Grund, dem Jubilar die herzlichsten Glückwünsche
auszusprechen und ihm für seine vielfältigen Verdienste zu danken. Dr. Simon ist ein
Mann der ersten Stunde nach der Wende. Als Gründungsmitglied des Thüringer
Landesverbandes hat er zusammen mit Dr. Christoph Köhler u. a. beste und vor allem rasche
Aufbauarbeit geleistet. Das ist allen offenkundig geworden beim Jenaer Bundeskongress
1996. Ohne eine festorganisierte Verbandsbasis hätte die bis dahin größte Veranstaltung
nicht so erfolgreich durchgeführt werden können. Manfred Simon war der Leiter des
Ortskomitees und für die logistische Planung vor Ort verantwortlich. Seine damalige
Leistung war, wie für alle Teilnehmer erkennbar, bravourös. Eine bleibende Folge seiner
Arbeit ist die Aufnahme der
Aesopia" von Jan Novák auf Kassette und CD, die nach der Originalaufführung
am Ende des Kongresses nachträglich nochmals von den gleichen Thüringer Musikern gemacht
worden ist. Simon, hauptamtlich am Institut für Altertumswissenschaft an der
Friedrich-Schiller-Universität in Jena tätig, hat sich dort vor allem für die
Umschulung von über 100 postgraduierenden Studenten zu Lateinlehrerinnen und
Lateinlehrern tatkräftig eingesetzt. Gerade dies ermöglichte einen schnellen Aufbau des
Lateinunterrichts in seinem Bundesland.
Ich wünsche persönlich und im Namen des DAV dem sympathischen, hilfsbereiten und
engagiert für die Sache der Alten Sprachen kämpfenden Kollegen alles Gute zu seinem
Jubiläum. Ad multos annos!
Friedrich Maier |