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Metzler Lexikon Antike Stätten am Mittelmeer,
Stuttgart/Weimar (J.B. Metzler) 1999, 888 S., 67 Karten, 380 Abb., DM 78,- (ISBN
3-476-01608-0).
Schon seit mehreren Jahren hat sich der Verlag Metzler (Stuttgart) verstärkt dem Bereich
der Altertumswissenschaft zugewandt und insbesondere bedeutende Lexika (u. a. Der Neue
Pauly, Metzler Lexikon Antiker Autoren) und wichtige Sammlungen (z. B. Übersetzung von
Kirk/Raven/Schofield, Die vorsokratischen Philosophen) auf den Markt gebracht. Zu dieser
Reihe überaus nützlicher Hilfsmittel zählt auch das von dem Mannheimer Althistoriker
Kai Brodersen
herausgegebene lexikonartige Werk Antike Stätten am Mittelmeer". Das Werk
richtet sich nicht in erster Linie an die Fachwissenschaft, sondern ist für einen
weiteren Leserkreis gedacht, der als Freund der Antike und der Mittelmeerwelt solide und
lesbare Informationen benötigt, insbesondere zur Vor- oder Nachbereitung einer
Studienfahrt, und will die Lücke zwischen herkömmlichem Reiseführer und
archäologischem Lexikon schließen. Entsprechend steht der Befund des Materials
in situ im Mittelpunkt der Darstellung. Andererseits bietet der Band auch dem Fachmann
eine brauchbare erste Orientierung. Ergänzend kann auf das von Holger Sonnabend
herausgegebene Lexikon der historischen Geographie Mensch und Landschaft in der
Antike" (1999) aus demselben Verlag verwiesen werden.
Das Lexikon Antike Stätten am Mittelmeer schlägt auf der Nordseite von West nach Ost,
auf der Südseite von Ost nach West einen Bogen um das Mittelmeer und ist in folgende
Regionen gegliedert: Iberische Halbinsel, Südfrankreich, Italien, Inseln im westlichen
Mittelmeer, Balkan/Griechenland, Inseln im östlichen Mittelmeer, Türkei, Levante,
Ägypten, Libyen, Maghreb. Bis auf die Iberische Halbinsel, Südfrankreich, Türkei und
Ägypten sind die genannten Großräume in zwei bis vier Subregionen aufgeteilt. Innerhalb
der Subregionen (bzw. der nicht weiter unterteilten Regionen) ist die Ordnung
alphabetisch, zu Beginn entweder der genannten Großräume oder der Subregionen werden
jeweils in einem Überblicksartikel ein Abriss der Geschichte und der Spezifika des
ganzen, auch auf einer Überblickskarte vorgestellten, Gebietes geboten. Für jede Region
(bzw. Subregion) zeichnet jeweils ein(e) Autor(in) verantwortlich. Am Schluss des Bandes
ermöglicht ein rein alphabetisches Ortsregister, das sinnvollerweise auch die
Namensvarianten (z. B. Sufutela _ Sbeitla in Tunesien) enthält, einen schnellen Zugriff
auf das entsprechende Lemma.
Die Beschränkung auf den Mittelmeerraum hat allerdings leider zur Folge, dass der ganze
gallische (bis auf Südfrankreich), germanische und britannische Raum nicht erfasst werden
und so ein wichtiger Teil des Imperium Romanum unbehandelt bleibt. Auch etwa Dakien fehlt.
Die Einbeziehung dieser Gebiete hätte wahrscheinlich den Rahmen eines einbändigen
Lexikons gesprengt, wäre aber wünschenswert und könnte dann die Princeton
Encyclopedia of Classical Sites" als
Standardwerk ablösen.
Am Ende der einführenden Regionalartikel sowie der Ortsartikel finden sich Hinweise zu
den jeweiligen antiken Quellen und zur (meist neueren) Fachliteratur. Fast alle wichtigen
Orte sind durch Karten erschlossen und durch schwarz-weiß Abbildungen verdeutlicht.
Eine Durchsicht des verwendeten Bild- und Kartenmaterials - letzteres oft neu erstellt -
ergibt folgendes Bild: in der Regel ist es sinnvoll ausgewählt und gibt den für einen
ersten Eindruck notwendigen Überblick. Jedoch ist nicht immer das Auswahlkriterium
nachvollziehbar. Während etwa die sehr überschaubaren Stätten Lerna und Nemea sowohl
mit sehr übersichtlichen Karten wie auch Abbildungen vertreten sind, fehlt gerade bei dem
recht unübersichtlichen Gelände Olympias oder auch Petras sowie bei der komplexen Anlage
von Delos eine Karte. Die Villa Romana del Casale bei Piazza Armerina erhält eine sehr
brauchbare Karte, für die Villa Hadriana in Tivoli, wo sie unbedingt notwendig wäre,
fehlt sie.
Die Abbildung zu Nemea zeigt das Heiligtum des Zeus, zu Olympia aber die Werkstatt des
Phidias, die zwar wichtig, aber doch nicht der Kern der Anlage ist. Ein Luftbild der Altis
wäre hier sinnvoller gewesen. Im Falle von Petra ist die Bildauswahl sehr gelungen, indem
sie einerseits die typische Anlage von Ed Deir zeigt, andererseits mit einem Blick auf
eine Wand des weit verzweigten Gräbertales einen guten Einblick der Charakteristik des
Ortes vermittelt. Dasselbe gilt etwa für die Aufnahme von Gerasa/Jerash oder den Blick
auf die Theateranlage in Amman. Als gelungen können auch Karte und Bilder von
Palmyra gelten. Die Reihe der gut gelungenen (und dies weit überwiegend), aber auch der
weniger gut gelungenen Auswahlentscheidungen ließe sich fortsetzen. Insgesamt ergeben
sich also durchaus unterschiedliche Eindrücke, doch wird der Wert des Werkes durch diese
kleineren Defizite nicht wesentlich geschmälert.
Unterschiedliche Akzente werden von den verschiedenen Autoren auch bei der Auswahl der
Sekundärliteratur gesetzt, was sich etwa beim Vergleich von Gortyn, Phaistos und Palmyra
zeigen lässt. Während bei Gortyn sich alle einschlägigen Hinweise zur epigraphischen
Sekundärliteratur des Stadtrechts und auch zur archäologischen Situation finden, ist bei
Phaistos nur das Werk von Kamm Die Konstruktion des Neuen Palastes von
Phaistos" 1989 angegeben, mindestens Levi Festòs e la civiltà minoica"
Rom 1976 hätte noch erwähnt werden müssen, Hinweise zum Diskus von Phaistos fehlen
ganz.
Im Falle von Palmyra ermöglicht zwar der Hinweis auf den Sonderband Palmyra"
von Antike Welt" (1995) die Erschließung der weiteren Sekundärliteratur, doch
wären Hinweise auf R. Stoneman Palmyra and its Empire" (Ann Arbor 1995) oder
den neueren Konferenzband Palmyra and the Aramaeans" (Aram 1997) angebracht
gewesen. Auch der Verzicht auf die Angabe antiker Quellen ist nicht nachvollziehbar, ist
doch Palmyra in der antiken Literatur oft erwähnt (z. B. bei
Ammianus Marcellinus, Cassius Dio, Dio Chrysostomos, Josephus, Historia Augusta und viele
andere). Positiv hervorzuheben ist z. B., dass im Falle von Rom bereits auf die erst
kürzlich erschienene Gesamtdarstellung von A. Claridge, Rome. An Oxford Archaeological
Guide (Oxford 1998) verwiesen wird, man hätte sich aber auch einen Hinweis auf F. Kolb,
Rom. Die Geschichte der Stadt in der Antike (München 1995) gewünscht. Trotz der o.g.
Einschränkungen sind aufs Ganze gesehen die weiterführenden Literaturangaben hilfreich
und für die erste Information ausreichend.
Auch der Inhalt der einzelnen Artikel bietet in der Regel solide und brauchbare
Informationen, wie es etwa das Beispiel Delos zeigt. Nach einem guten ca. zweiseitigen
Überblick über die geschichtliche Entwicklung der Insel bis zu der von Pausanias
berichteten Verödung werden auf ca. drei Seiten knapp, aber ausreichend die baulichen
Überreste vorgestellt.
Diese Einschätzung kann auch auf so zentrale Artikel wie die von Athen, Rom oder Pompeji
übertragen werden. Dass hier eine Beschränkung bei der Beschreibung der Monumente
erfolgen musste, ist verständlich. Sie ist sinnvoll durchgeführt.
Insgesamt ergibt sich damit das Bild eines überaus nützlichen Hilfsmittels' das _ auch
wenn ein paar Wünsche offenbleiben - eine Lücke in der deutschen Lexikalandschaft
schließt und in keiner Lehrer- oder Oberstufenbibliothek fehlen sollte.
Detlef Fechner, Celle

  
EISODOS Grundkenntnisse zur grammatischen Orientierung. Eine
Einführung und Einübung in die altgriechische Grammatik, Tübingen, 1. Auflage 1998,
verbessert 1999 (Selbstverlag), 54 und 38 Seiten. ISBN 3-00-003530-3, Preis: DM 10,-
(unverbindlich).
Das vorliegende einfach geheftete Büchlein oder eben Heft, je nachdem wie
man es sieht, gehört zu einer besonderen Gattung von Publikationen, für welche von ihrer
Entstehung und Abzweckung her der Charakter des Vorläufigen im eigentlichen und besten
Sinne des Wortes typisch ist. Die EISODOS von Krzok, Studienrat im Hochschuldienst an der
Universität Tübingen, und zwar Dozent für die klassischen Sprachen an der
Evangelisch-Theologischen Fakultät, will nur eine Einführung ... in die
altgriechische Grammatik geben", wie es im 2. Untertitel geschrieben steht. Das Buch
soll
keineswegs ein Lehrbuch oder eine Grammatik ersetzen" (im Original fett gedruckt, S.
2 des den durchnummerierten Seiten vorangestellten Vorworts). Neben
Einführung" heißt es im 2. Untertitel parallel Einübung in die
altgriechische Grammatik". Dementsprechend sind in der EISODOS grundlegende Übungen
zur Bewältigung des Altgriechischen enthalten, Übungen, die, da sie ganz elementar sind,
auch autodidaktisch vorgenommen werden können (vgl. S. 2 des Vorworts) und
die eine grammatikalische Orientierung", so die ausformulierte Zielvorgabe im
1. Untertitel, ermöglichen. Damit sollen künftig Lernende wie Lehrende in
gleicher Weise entlastet werden" (ebd.).
In diesem Sinne werden nun - nach kurzen allgemeineren Bemerkungen zur griechischen
Sprache und Grammatik (S. 1 f.), wobei auch die wichtigsten Schriftsteller genannt werden,
- in 4 Hauptkapiteln die Lautlehre (S. 3-9), die Wortlehre (S.10-32) mit einer
Charakteristik der einzelnen Wortarten" (ab S. 11), die Formenlehre (S. 32-41)
mit kleinen Deklinationsmustern" (ab S. 34) und einem kleinen
Konjugationsmuster zur Einübung" (S. 40) und schließlich die Satzlehre und
Syntax" (S. 41-49) kurz und bündig, allgemein gut verständlich und übersichtlich
dargeboten - gerade auch
für denjenigen, der sich nie mit (lateinischer) Grammatik beschäftigt hat und dem
darüber hinaus auch die grammatikalischen Rudimente aus der Grundschulzeit nicht mehr
gegenwärtig sind. Diese Dinge werden hier kurz wiederholt. Für den Herbst 1999 (ab
Oktober 1999") wird ein 2. Bändchen, PARODOS (ÐÁÑÏÄÏÓ). Eine
Einführung in die griechische Syntax", vom Verf. angekündigt. Die Parodos
soll nach demselben Muster wie die Eisodos die Erklärungen - vom Deutschen kommend -
über griechische Beispielsätze (Sprichwörter und Redensarten) anbieten." (S. 49).
Doch hier noch zum Ende von EISODOS: S. 50 f. sind Leerseiten für
Notizen/Fragen", S. 52-54 enthalten Deklinationsschemata sowie ein
kleines Konjugationsmuster" (noch ohne Konjunktiv-, Optativ-, Imperativformen
und ohne Partizipien). Der eingelegte und beigegebene Anhang" enthält mehr
generelle Kontrollfragen zur Grammatik (S. 1-8), ein Verzeichnis grammatischer Begriffe
(S. 9-13), sog. morphosyntaktische Übungen", also Übungen zur Formbestimmung,
(S. 13-37) - in diesem Teil
findet sich insbesondere auch ein Vokabular zu den den jeweiligen Übungen zugrunde
gelegten Sprichwörtern - und schließlich ein Literaturverzeichnis (S. 38).
Jeder, der an der Universität sog. Sprachkurse für Hörer aller Fachbereiche abgehalten
hat, kann sich sehr gut vorstellen, was den Verf. dazu veranlasst hat, sich der Mühe zu
unterziehen, seine EISODOS zu schreiben.
Der Hintergrund dieser Arbeit ist der zunehmend größer werdende Anteil an Studierenden,
denen in der Schule nicht mehr die basalen Kenntnisse in der traditionellen, letztlich aus
der griechischen und lateinischen Grammatiküberlieferung entstammenden Strukturen und
Schemata (also die sog. Schulgrammatik") wirkungsvoll vermittelt worden sind.
Das betrifft selbst die - sprachlich - Begabten unter den Studierenden, sofern sie keinen
oder keinen ausführlichen Lateinunterricht genossen haben.
EISODOS ermöglicht nun das Nachholen der basalen Kenntnisse in der traditionellen
Schulgrammatik, die den modernen Grammatikansätzen in der Praxis immer noch deutlich
überlegen ist. Der Verf. von EISODOS geht vom einfachen deutschen Satz aus und entwickelt
von daher den altgriechischen. Die griechischen Mustersätze, die so, also vom Deutschen
her entwickelt, entstehen, sind im Übrigen Sprichwörter. Der akademischen Jugend von
heute werden auf diese Weise -
gewissermaßen in einer Form von Nachhilfeunterricht - eindringlich (wieder) die
traditionellen Grammatikkategorien nahe gebracht, was rasch eine orientierende Übersicht
und gedankliche Dominanz und Sicherheit beim Erlernen der altgriechischen Sprache
vermittelt. Das Kategorialsystem der traditionellen Schulgrammatik ist nun einmal ein
fester Bezugsrahmen, mit welchem sich sinnvoll, zeitökonomisch und überhaupt trefflich
arbeiten lässt.
Damit ist die Notwendigkeit eines Buches wie EISODOS grundsätzlich bejaht, und der Rez.
kann so jedem Griechisch Lernenden EISODOS nur wärmstens empfehlen. Das gilt vor allem
auch für denjenigen, der auf der Schule keinen Lateinunterricht hatte oder der
inzwischen, wie man so sagt, alles wieder vergessen hat. EISODOS wird ihm im Übrigen
nicht nur für das Altgriechische hilfreiche Dienste erweisen, sondern auch für den Fall,
dass er später noch andere europäische Sprachen lernen muss, denn sie repetiert die sog.
Schulgrammatik, welche auch für die anderen Sprachen unseres Kulturkreises grundlegend
ist. Im Moment, so scheint es dem Rez., gibt es zu EISODOS gar keine Alternative, was den
helfenden und unterstützenden Charakter dieses Buches betrifft. Ahnliches gilt für die
angekündigte, speziell die Syntax aufbereitende PARODOS.
Die Stärke des Krzokschen Grammatikwerkes, das zeigt sich schon in der EISODOS in ihrer
vorliegenden Form, ist die Reduktion auf das Wesentliche der griechischen (und
lateinischen) Grammatiktradition. Mit dem Erlernen des Altgriechischen ist es eben wie mit
dem Bergsteigen. Man nimmt nur das Allerwichtigste an Hilfsmitteln mit im Rucksack, dieses
wenige aber muss von bestmöglicher Qualität sein, und mit ihm muss man optimal umzugehen
gelernt haben. Und dieses Beste ist nach Meinung des Verf.s wie auch des Rez. die sog.
Schulgrammatik, man muss sie nur wirklich beherrschen.
Die von dem Verf. aufgezeigte Methode ist nach Meinung des Rez. ein Weg, das Griechische
(Gleiches gilt mutatis mutandis für das Lateinische) auch im 21. Jahrhundert weiter zu
pflegen, nachdem die altsprachliche Hochbildung, wie sie im 19. Jahrhundert und auch noch
tief ins 20. Jahrhundert hinein in weiten Teilen des Bürgertums vorhanden war,
geschwunden ist. Insofern macht Krzoks Ansatz jedem Hoffnung, dem das altsprachliche Erbe,
insbesondere auch die altgriechische Sprache, am Herzen liegt.
Der Verf. hat damit ein Anliegen von Werner Kempkes aufgegriffen, dessen philologisches
Lebenswerk genau diesen Reduktionsansatz hat, nämlich die Beschränkung auf das zum
Übersetzen unbedingt Notwendige, das dann aber auch wirklich gut und effektiv vermittelt
bzw. gelernt und im wahrsten Sinne des Wortes beherrscht werden soll. Bekanntlich geht es
Kempkes um die tatsächliche, in der gelungenen Übersetzung verifizierbare Beherrschung
des Sprachlichen, und zwar auf dem Wege der Entrümpelung der metasprachlichen Anteile im
Sprach- und Grammatikunterricht. Die EISODOS des Verf.s ist als das griechische
Pendant zu dem lateinischen Werk Instructio [von Kempkes; Anm. des Rez.] geschrieben
worden. Es basiert ... im wesentlichen auf demselben Muster und Aufbau wie die
Instructio." (1. Seite des Vorworts, die Instructio wird im Anhang, S. 38, genau
bibliographiert). Der Verf. hat so denn auch die EISODOS seinem Freund Werner Kempkes
gewidmet.
Allerdings geht die EISODOS, vor allem in Verbindung mit der PARODOS, schon darüber
hinaus in Richtung auf eine Basisgrammatik. Diese noch von dem Verf. zu erbittende neue
griechische Basisgrammatik gehörte in die Hand dessen, der Griechisch außerhalb des
humanistischen Gymnasiums lernt oder auch gelernt hat und sich im weiteren Leben im
Griechischen fit halten muss, sei es dass er z. B. als Pfarrer seinen Predigten den
griechischen Urtext zugrunde legen möchte oder als Historiker oder Philosoph in Schule
und Hochschule griechische Texte im Original behandelt oder zumindest zu Rate ziehen
möchte. Eine solche Minimalgrammatik dürfte sich auch für schulische
Altgriechisch-AGs eignen, die angesichts des sehr starken Rückgangs der humanistischen
Gymnasien in Zukunft vielleicht eine (gewisse) Bedeutung in der Vermittlung des
klassischen Griechisch gewinnen könnten. In all diesen Fällen könnte" das
Krzoksche Grammatikwerk vielleicht eines Tages in die Rolle eines Kaegi unserer
Tage" hineinwachsen, jedenfalls dürfte diese Aussicht Zeit und Mühe rechtfertigen,
EISODOS (eventuell kombiniert mit PARODOS) gezielt in eine praktisch gut
brauchbare und knappe Minimalgrammatik des Altgriechischen noch ein wenig umzuarbeiten,
sodass eine Publikation in einem der Schulbuch-verlage möglich sein müsste. Damit wäre
der am Anfang konstatierte Charakter des Vorläufigen, der grundsätzlich durchaus sein
Recht hat, aufgehoben.
Werner Erdt, Bad Sachsa

  
Collectanea usui linguae Latinae dicata. Bibliotheca Latina.
Tomus III. Saarbrücken: Verlag der Societas Latina 1999 (Universität FR 6.3, D-66041
Saarbrücken). 520 S., DM 41,- (ISBN 3-923587-27-9).
Schon mehrfach hatten wir Gelegenheit, die Schriften des vielleicht bedeutendsten Latein-
schriftstellers der Gegenwart in dieser Zeitschrift anzuzeigen (vgl. MDAV 2/93, S. 76 f.
und FC 2/98, S. 128 f.). Zuletzt erschien in Heft 2/99 der Versuch eines lateinischen
Encomiums anlässlich seines 75. Geburtstags (S. 96 f.). In den Nuntii Latini des
Finnischen Rundfunks wurde er als vir Latinissmus gewürdigt. Nun überrascht uns der
weiterhin als Herausgeber der Vox Latina und als Leiter
internationaler Lateinsprechseminare unermüdlich tätige Autor mit einer wahren Lanx
satura aus seiner jahrzehntelangen cultura linguae Latinae. Es ist nicht leicht, die
Fülle der auf die aktive Anwendung des Lateinischen bezogenen Studien hier knapp zu
skizzieren. Er selbst gliedert die unterschiedlichen Themen gewidmeten Arbeiten in vier
große Komplexe: (1) Quaedam generalia de usu linguae Latinae, (2) Generalia de verbis
novandis, (3) De verbis locutionibusque specialibus, (4) De accentu et scriptura. Es
versteht sich bei C. Eichenseer von selbst, dass alle Empfehlungen und Behauptungen auf
sorgfältigstem Quellenstudium beruhen und zu jedem Detail auch die entsprechenden
Fundstellen angeführt werden. Dabei kann er sich in den meisten Fällen auf mehrjährige
eigene Vorarbeiten und frühere Veröffentlichungen stützen. Immer wieder geht es um ein
korrektes, gutes, möglichst klassisches Latein sowohl im schriftlichen wie im mündlichen
Gebrauch. Wenn man sich seiner Führung anvertraut, bekommt man soliden, zuverlässigen
Rat für viele Fälle, in denen man sich über antike oder moderne Angelegenheiten
lateinisch ausdrücken möchte. Wer das flüssige Latein liest, kann eigentlich nur
bedauern, dass Europa die aktive Beherrschung seiner einstmals fast allen Völkern
gemeinsamen Zweitsprache seit dem Dreißigjährigen Krieg mehr
und mehr eingebüßt hat, und zwar besonders rapide im jetzt zu Ende gehenden Jahrhundert.
Das Lateinische war bekanntlich über den Untergang des Römischen Reiches hinaus zehn
Jahrhunderte lang in voller Lebenskraft die Vatersprache des Mittelalters", das
zweisprachig war (K. Langosch). Vieles von dem, was wir im Alltag zu sagen haben, lässt
sich ohne jede Neuerung lateinisch auszudrücken - wenn man das gelernt und geübt hat:
Recentiora quoque satis Latine proferri et
exhiberi possunt, si linguae Latinae consuetudo comprobata antiquitatis atque usus
sermonis Romani antiquus diligentissime accuratissimeque respiciuntur et observantur.
Certe quidem sunt non pauca hodierna, qualia Romanis antiquis minime nota erant neque
hominibus mediaevalibus neque ipsis humanistis (qui dicuntur). Ubi vero agitur de rebus
novis, sive sunt instrumenta technica sive machinae modernae (electricae vel aliae), ibi
id Ciceronis monitum [nat. 1,7] viget et valet, quo dixit «rebus novis nova imponenda
esse nomina»" (S. 156). Mit beeindruckender Sorgfalt werden z.B. antike und
mittelalterliche Bezeichnungen für die verschiedensten Maschinen und Geräte angeführt
(etwa machina frumentaria, serratoria, hydraulica; aratrum, gubernaculum, vehiculum usw.,
S. 173 ff.), um daraus Schlussfolgerungen für etwaige Neubildungen zu ziehen (De
nominibus instrumentorum et machinarum comprobaliter confingendis, S. 186 ff.). Aber
Neologismen sind eigentlich nicht das Hauptthema des Buches, obwohl sie auch ausführlich
zur Sprache kommen, z.B. Internet, Computer, Telefax usw. (De nominibus «interretis» et
«ordinatri» et «telecopiatri», S.
245 ff.). Interessant sind auch die Kapitel über die Bezeichnung der Wochentage (De
nominibus dierum hebdomadis, S. 205 ff.), die Bezeichnung des Datums (S. 232 ff.) und der
Uhrzeit (S. 255 ff.). Wie gebraucht man das Wort Samstag (sabbatum) im Singular und
Plural? (S. 227 ff.) Ein geradezu unglaublich materialreiches Kapitel ist der Kleidung
gewidmet (De vestimentis, S. 341 ff.), allein die Kopfbedeckungen füllen sieben Seiten
(darunter selbstverständlich auch petasus und pilleus). Ein kurzes Kapitel befasst sich
mit einzelnen Einträgen in Georges' Handwörterbuch, die durch die Forschungen des
Thesaurus Linguae Latina überholt sind (S. 435 ff.), ein anderes Kapitel ist der
Substantivierung undeklinierbarer Wörter gewidmet (S. 440 ff., z. B. aliud cras, ipsum
Latine loqui, mane facto). Besonders wertvoll dürften auch die Abschnitte über die
Betonung und Rechtschreibung sein, darunter das Kapitel über die lateinische Betonung
griechischer Namen (S. 459 ff.). Hier liegt ja bis heute eine Quelle der Unsicherheit auch
für die Betonung im Deutschen, man denke nur
an so geläufige Namen wie Eurydike, Iphigenie oder Niobe, die im Griechischen und
Lateinischen jeweils verschieden betont werden (S. 463). Schließlich sei auch noch das
Thema Rechtschreibung erwähnt: Bei manchen Wörtern mit oe schwankt die Schreibung (S.
493 ff., z.B. proelium, obscenus); ein eigener Abschnitt ist dem Wort coelum gewidmet:
«Caelum» Latine per «ae» dicendum et scribendum, non per «oe» (S. 502 ff.). - Mit
diesen wenigen Beispielen ist freilich nur vage angedeutet, welche Vielfalt dieses
Buch bietet. Es wird wohl kaum einen an der lateinischen Sprache
(privat oder beruflich) interessierten Leser geben, der das Buch aus der Hand legt, ohne
auf irgendetwas für ihn Neues, Interessantes oder auch nur Unterhaltsames gestoßen zu
sein.
Andreas Fritsch

  
Prosodie und Metrik der Römer, Teubner Studienbücher.
Stuttgart, Leipzig: Teubner 1999. XII, 183 S.,46,- DM (ISBN 3-519-07443-5).
Eine brauchbare deutschsprachige Einführung in die Prosodie und Metrik der Römer ist
angesichts der Mängel und Eigentümlichkeiten bisheriger Hilfsmittel (Crusius-Rubenbauer,
Halporn-Ostwald und Drexler) ein Desiderat, eine grundlegende wissenschaftliche Behandlung
ist überfällig. Sandro B(oldrini) hat 1992 unter dem Titel La prosodia e la
metrica dei Romani" in italienischer Sprache eine Abhandlung vorgelegt, die in
gestraffter Form auch in Fritz Grafs Einführung in die lateinische Philologie publiziert
ist. Das nun zu besprechende Buch ist eine Gesamtübersetzung (von Bruno
W. Häuptli) desselben Werks, das für diesen Anlass revidiert und korrigiert wurde.
Das Buch ist in drei Abschnitte gegliedert: Sprache und Dichtung, Prosodie, Metrik. In den
ersten beiden Abschnitten findet der Leser im Wesentlichen solide Informationen zu allen
möglichen Fragen der Prosodie und der Aussprache, wofür auch Aussagen antiker Autoren
zur Illustration angeführt sind. Das schwerwiegendste Problem besteht darin, dass B.
(vornehmlich französischer Auffassung folgend) die Ansicht vertritt, das Lateinische habe
(wie das Griechische) einen Tonhöhenakzent (pitch accent) besessen. Nach gängiger
Forschungsmeinung besaß es jedoch einen exspiratorischen Akzent (stress accent). Man mag
gewillt sein, B.s eigenwillige Position zu akzeptieren; es ist jedoch skandalös, wenn B.
nicht darauf hinweist, dass seine Meinung keineswegs die communis opinio in der Forschung
darstellt, ja nicht einmal andeutet, dass überhaupt eine andere Meinung existiert!
Lobenswert ist B.s Auseinandersetzung mit der Frage, wie lateinische Verse in der Antike
vorgetragen wurden. Er macht deutlich, dass die in der Schul- und Universitätspraxis
übliche Leseweise, bei der nicht Wort-, sondern Versakzente" (ictus) eine
Rolle spielen, unantik bzw. zumindest unklassisch ist. Leider vermisst man im
Literaturverzeichnis einschlägige Studien von Wilfried Stroh zu diesem Thema. (Das Fehlen
neuerer Literatur ist übrigens nicht nur hier zu beklagen. So zitiert B. etwa Ennius'
szenische Fragmente nicht nach Jocelyns Ausgabe, sondern nach Ribbeck und Vahlen. Auch zu
einzelnen Metra ist die Bibliographie nicht up to date, einschlägige Literatur zu
griechischer Metrik [Snell, Korzeniewski, West, Sicking, Kannicht] fehlt völlig. Hinzu
kommt, dass weder die Literatur suo loco angeführt wird noch die Bibliographie thematisch
gegliedert ist. Wer Literatur zu einem bestimmten Problem sucht, muss also stets das
gesamte Literaturverzeichnis durchsehen.) Da B. vernünftigerweise davon ausgeht, dass man
(leider) das überkommene Rezitationssystem nicht verändern wird, markiert er
regelmäßig die Stellen, an denen der Versakzent" liegen soll, was man in
Fachkreisen sicher mit Skepsis zur Kenntnis nehmen wird.
Für die Kennzeichnung der Verselemente führt B. (ohne eingehendere Begründung) neue
Zeichen ein bzw. modifiziert die bisher verwendeten. Dies mag z. T. vernünftig sein,
jedoch leuchtet es (wie etwa im Falle des elementum biceps oder der äolischen Basis)
nicht immer ein.
Mit dem Metrikteil liegt eine klar nach Rhythmen (daktylisch, iambisch usw.) gegliederte
Übersicht über die in der lateinischen Poesie verwendeten Metra vor. Zum Saturnier
braucht man wohl nichts zu sagen, da B. keine brauchbare Lösung vorschlagen kann. Zu den
übrigen Metra führt B. die Normalformen sowie die dazugehörigen Untergliederungen
(Zäsuren, Dihäresen), gängige Varianten und relevante Regeln an. All dies wird durch
Beispielverse gut dokumentiert. Zu Ausnahmen
und problematischen Versen findet der Ratsuchende jedoch fast nichts. Bei den komplexeren
lyrischen Versen bleibt B. im Wesentlichen der herkömmlichen Terminologie verhaftet, ohne
die recht mechanische Bauweise etwa der äolischen Verstypen herauszustellen oder
gar eingehender zu erläutern. Hier hätte unter Berücksichtigung rezenter Studien zur
griechischen Metrik mehr getan werden müssen. Es ist m. E. auch wenigstens bedenklich,
Bezeichnungen wie Ionici a maiore weiterhin unkritisch beizubehalten. Schließlich ist das
Fehlen von Abschnitten zum Prosarhythmus und zu akzentuierenden metrischen Systemen
(insbes. der Spätantike) zu monieren.
Das Sachregister verdient seinen Namen nicht. Es sind nicht alle relevanten metrischen
Termini aufgenommen, da man diese der Gliederung entnehmen könne. Hingegen sind
prosodische und metrische Gesetze aufgeführt, die man ebenfalls ohne Mühe der Gliederung
entnehmen könne. Mehrfachbenennungen verschiedener Phänomene sind weder in Gliederung
noch im Register notiert. Einen Stellenindex der behandelten Verse und anderer relevanter
Passagen sucht man vergebens.
B.s Buch gehört nicht in die Hände von Schülern, aber zu diesem Zweck ist es auch nicht
geschrieben. Lehrende (an Schule und Universität) sowie Studierende werden wenig
Vergnügen mit dem Buch haben. Abgesehen von brauchbaren Passagen zu Sprache und Dichtung
sowie zu Prosodie, die man auch woanders finden kann, enthält das Buch zuviele
Informationen für eine bloße einführende Übersicht (hierfür kann man getrost
weiterhin auf Halporn-Ostwald zurückgreifen), aber viel zu wenige, um als solide
Grundlegung dienen zu können (hierfür wird man weiterhin etwa mit Drexlers eigenwilliger
Metrik auskommen müssen). Die oben genannten, z. T. grotesken Mängel etwa hinsichtlich
des Akzents sowie die fehlende Verknüpfung mit der aktuellen wissenschaftlichen
Diskussion schränken den Wert des Werks erheblich ein und stellen diesen gar in Frage.
Vielleicht wird das Buch an die Stelle des inzwischen in die Jahre gekommenen
Crusius-Rubenbauer treten, zumal es übersichtlicher ist. Einen echten Fortschritt stellt
es jedoch nicht dar: Dessen Mängel sind durch neue ersetzt.
Peter Kruschwitz, Berlin

  
Das antike Theater. Aspekte seiner Geschichte, Rezeption und
Aktualität. Hrsg.: Gerhard Binder, Bernd Effe, Trier: Wissensch. Verl. Trier 1998, 523
S., 74,50 DM (Bochumer Wissenschaftliches Colloquium 33; ISBN 3-88476-293-1).
Die Beiträge dieses Bandes gehen zurück auf eine Ringvorlesung, die im Wintersemester
1996/97 an der Ruhr-Universität Bochum gehalten wurde. Hier kann nur auf einzelne - nicht
einmal alle - Beiträge kurz eingegangen werden, die vielleicht das besondere Interesse
von Unterrichtsstunden in den Alten Sprachen beanspruchen können. Fritz Graf versucht
vorsichtig und tastend kultische Wurzeln des antiken Schauspiels offenzulegen: Riten und
Dramen beständen grundsätzlich aus
Handlung; beide ließen sich als Kette von Zeichen verstehen, die Handlungselemente des
Alltags übernehmen, neu anordnen und mit einer neuen Bedeutung versehen. Aber die
Handlung des Rituals sei festgelegt, vorhersehbar, die des Schauspiels nicht, und das Wort
dominiere im Drama weitaus stärker als im Ritual. Dennoch versucht Graf von
initiatorischen Riten eine, wie er selbst zugibt, keineswegs direkte Linie zum Schauspiel
zu ziehen - weitere Schwierigkeiten, die damit verbunden sind, mögen direkt in Grafs
Beitrag nachgelesen werden: die Reflexion über die Polis, die das Drama darstellt, im
Ursprung die Erziehung der neuen Polisbürger im Ritus? - Horst-Dieter Böhme gibt
Hinweise Zur Aufführungspraxis griechischer Tragödien und Komödien"; Skene
(nicht vor Aischylos' Orestie), Bühnenmaschinen und einige Bemerkungen zu Masken stehen
im Mittelpunkt seines Überblicks. Hans Lohmann verschafft dem Leser einen Einblick in die
baugeschichtliche Entwicklung des antiken Theaters" und untermauert die seit
einiger Zeit bekannte Tatsache, dass die
ältere Form der Orchestra und des Theatron rechteckig und geradlinig waren. - Thomas
Paulsen bestimmt in seinem bedeutenden und von hoher analytischer Schärfe geprägten
Beitrag Die Funktionen des Chores in der Attischen Tragödie" näher. Seine
eigene plakative Formel lautet: Aischylos enthüllt durch den Chor, was er denkt,
Sophokles enthüllt durch den Chor, was er nicht denkt, Euripides enthüllt nicht durch
den Chor, was er denkt." (S. 86). - Schließlich sei noch verwiesen auf Werner
Schuberts Beitrag über Das antike Drama im Musikschaffen des 19. und 20.
Jahrhunderts", der durchaus auch zurückgreift auf die Anfänge der Oper im 16. Jht.
Er unterscheidet zwei Wege: einmal Opern, die durch antike Dramen angeregt sein könnten
(es tatsächlich aber bei frühen mythologischen Themen eher von antiker Epik oder
Geschichtsschreibung wurden) und zum anderen Schauspielmusiken, die zunächst nichts
anderes tun wollten als die Aufführung antiker Dramen zu begleiten, womöglich der
antiken Praxis anzunähern - bis schließlich in Orffs
Prometheus" eine Form des Musiktheaters sui generis entsteht und Aribert
Reimann in seinen Troades" gar alle bisherigen Möglichkeiten bündelt.
Hansjörg Wölke

  
Lexikon der antiken christlichen Literatur, hrsg. v. Siegmar Döpp
und Wilhelm Geerlings. 2. Aufl. Freiburg - Basel - Wien: Herder 1999. 562 S. (ISBN
3-451-23786-5).
Gelegentlich hat der Altsprachenlehrer auch mit antiker christlicher Literatur zu tun.
Seit 1998 kann er dafür auf einen alphabetischen Wissensspeicher zurückgreifen, den der
Klassische Philologe Döpp (Universität Göttingen) und der Kirchenhistoriker und
Christliche Archäologe Geerlings (Universität Bochum) mit weiteren über 100
WissenschaftlerInnen erarbeitet haben. Bedarf an einem solchen Nachschlagewerk besteht:
Bereits innerhalb eines Jahres erschien eine berichtigte Neuauflage. Man findet im
Lexikon ..." (LACL) auch zum nichtchristlichen1 Schrifttum des Altertums
vieles, was man dort nicht unbedingt vermutet - ein Grund mehr, das Werk hier relativ
ausführlich vorzustellen.
Die Quellen sind mit der traditionellen zeitlichen Obergrenze" berücksichtigt:
Sie liegt im Osten des Imperium Romanum bei Johannes aus2 Damaskus ( um 750), im
Westen bei Isidor aus Sevilla ( 636).3 Aufgenommen sind im wesentlichen Autoren,
von denen Werke oder Fragmente erhalten sind" und die im weitesten Sinne
der christlichen Tradition zugerechnet werden. Einen Grenzfall stellen die [gnostischen]
Schriften von Nag Hammadi dar, die komplett vertreten sind" (VIII).
Das LACL enthält zahlreiche Artikel zu Dichtern und Schriftstellern, deren Werk
christliche und nichtchristliche Komponenten hat wie Ausonius, Boethius, Cassiodor,
Claudian, Coripp, Hesych (der Lexikograph; zahlreiche Glossen auch zu chr.
Schriften"), Isidor aus Sevilla, Nonnos, Priscian, Prokop (der Historiker), Synesios.
Ferner hat das Nachschlagewerk Artikel über Werke/ Werkgruppen wie (ich gebe, auch im
folgenden, nur einige Beispiele): Anthologia Palatina, Codex Iustinianus, Codex
Theodosianus, Physiologus, Sibyllinische Orakel; an spezifisch Christlichem: Akathistos,
Ambrosiaster, Antijudaistische Dialoge, Augustinusregel, Diatessaron; über literarische
Formen und Gattungen wie: Abecedarius, Akrostichon, Apologie, Apophthegma, Autobiographie,
Brief, Bukolik, Carmen figuratum, Cento, Chronik, Consolatio, Dialog, Ekphrasis, Elegie,
Epigramm, Epitaph, Epitome, Epos, Florilegium, Hymnus, Invektive, Itinerar, Kommentar,
Onomastikon, Panegyricus, Propemptikon, Protreptikos, Pseudepigraphie, Roman, Scholion
(manche dieser
Artikel haben, wie die im RAC, zunächst einen ,vorchristlichen` Teil; manche gehen
ausschließlich auf christliche Sachverhalte ein); Doxologie, Homilie, Katene,
Kirchengeschichte, Liturgie, Märtyrerakten, Mönchsregel; Überblicksartikel:
(theologische) Schulen; Sprachen (Griechisch, Lateinisch und diejenigen Sprachen, in denen
nach der Übertragung christlicher Schriften eigene Literaturen entstanden: Armenisch,
Äthiopisch, Georgisch, Koptisch, Syrisch, nicht Gotisch, doch gibt es natürlich einen
Artikel Wulfila"); Übersetzung. - Die Namen sind durchweg lateinisch gegeben,
auch bei Griechen (Nonnus!); dabei sind die Umlaute inkonsequent behandelt: Ptolemaeus,
aber Cäsarea.
Zumindest die größeren Personen-Artikel haben drei bis vier Teile: Leben, Werk,
Bedeutung (so bei Ambrosius und Justinian I.) bzw. Würdigung" (Augustinus)
bzw. Inhaltliche Grundlinien" (Athanasius aus Alexandrien) oder beides (Cyprian
aus Karthago, Cyrill aus Alexandrien), bei Origenes Inhaltliche Grundlinien"
und Auseinandersetzungen um Or."
Es ist nicht leicht nachzuvollziehen, wann warum welche Teile da sind, aber gewöhnlich
sind alle genannten Aspekte berücksichtigt, bei welcher Artikel-Gliederung auch immer. So
beginnt bei Athanasius aus Alexandrien der letzte Abschnitt von Teil III
(Inhaltliche Grundlinien") mit: A.' Bedeutung ...". Allerdings:
In der Regel wurde darauf verzichtet, bei den einzelnen Schriftstellern theologische
Lehrinhalte anzuführen. Bei wichtigen Autoren wurde zwar versucht, inhaltliche
Grundlinien aufzuzeigen, doch war dabei nicht die Bedeutung eines Autors für die spätere
Dogmatik maßgebend, sondern inwieweit sein Werk schon den Zeitgenossen bedeutsam
erschien" (VIII). Gelegentlich ist übrigens durchaus etwas über die Rezeption
gesagt, bis in die Neuzeit hinein. Erfreulich zahlreich sind die Verweisungen. Am
Artikel-Ende sind in reichem Umfang Primär- und Forschungsliteratur genannt, zuweilen
sogar Rezensionen - die ja die Wissenschaft oft stärker
fördern als (substanzarme) Aufsätze -, so Erbses Besprechungen zu Lattes Hesych-Edition.
Das LACL ist zweifellos nützlich. Gerade darum sei für künftige Auflagen einiges zu
bedenken gegeben. Zuerst: Der Titel ist irreführend; er lässt die Berücksichtigung der
neutestamentlichen Literatur erwarten, aber sie fehlt völlig. Es gibt z. B. keinen
Artikel über Matthäus, nur über Matthaeus-Literatur" (Martyrium
Matthaei" usw.). Das Werk, das die Patrologien von Rauschen, Wittig, Altaner, Stuiber
ersetzen will (VII-IX), sollte offenbar nicht altchristlich",
frühchristlich",
altkirchlich" heißen wie bei Gudeman, Bardenhewer etc.; das klang wohl nicht
publikumswirksam genug, versprach nicht genug Kaufanreiz. Zugleich wollte man sich von den
Patrologien" der Vorgänger Stuiber etc. abheben. So nahm man antik
christlich" als scheinbares Synonym zu patristisch". Üblicherweise
gehört da das NT dazu, so bei Heinz-Günther Nesselrath, Christliche Literatur, in der
von ihm herausgegebenen Einleitung in die griechische Philologie", Stuttgart,
Leipzig 1997 (Einleitung in die Altertumswissenschaft 1), 288 ff.4, und bei Albrecht
Dihle, Die griechische und lateinische Literatur der Kaiserzeit, München 1989, 216ff. Man
hätte erwartet, dass die LACL-Hrsg. im Vorwort etwas dazu sagen.5 - Bedauerlich das
Verfahren, in der Regel" keine theologischen Lehrinhalte" zu
skizzieren; schwere Bedenken dagegen bzw. gegen triviale Minimaldeutungen"
äußert F. W. Graf, F.A.Z. 24.3.1999, S. 58.
Es gibt manchen Überblicks-Artikel, s. o.; warum nicht auch Gnosis" oder
Nag Hammadi" sowie Donatisten"? Allerdings hilft hier das Register
weiter. - Die Lemmata sind nicht immer aussagekräftig: Auf Ammon aus
Adrianopel" folgt Ammon, Bischof". Wenn schon beim zweiten Ammon keine
Ortsangabe möglich oder üblich ist: Bischof war auch der erste Ammon. - Im Lemma werden,
wenn möglich, die Lebenszeit oder andere markante Daten geboten; der Nutzen bzw. die
Notwendigkeit dieses Verfahrens liegt auf der Hand. Bei Lucianus aus Antiochien wird erst
spät im Text eine einzige Jahreszahl mitgeteilt: 341; da war L. aber längst tot
(240-312), 341 betifft die Rezeption Lucianischer Gedanken. Allerdings ist bald nach
Artikel-Beginn L.s Martyrium unter Kaiser Maximinus Daia erwähnt, doch wer hat schon
dessen Daten im Kopf? (Er regierte 310-312.) - Warum heißt ein Lemma Gregor der
Wundertäter"? Auch im Text ist der gängige Beiname
Thaumaturgos" nicht verwendet. Aber 269 heißt es Gr. der Wundertäter /
Thaumaturgos", 410 (mit fragwürdiger Syntax) das Bekenntnis des Gregor des
Wundertäters / Thaumaturgos", und 274 in der Forschungs-Literatur gibt es überhaupt
nur Titel mit Thaumaturg", Thaumaturge", Taumaturgo". Bei
Romanus der Sänger" begegnet das vertraute Epitheton Ž
ìåëCùäüò immerhin im Text.
Gelegentlich werden Personen erwähnt, aber nicht weiter vorgestellt, obwohl sie keinen
eigenen Artikel haben, so bei Philokalie" ein Antonius d. Gr."; er
existiert auch im Register nicht.6 _ Bei Justinian sollte Codex Iustinianus"
einen Verweispfeil bekommen (Digesta, Novellae und Institutiones haben kein Lemma), bei
Gedichte, Anonyme" (ein Verlegenheitstitel, der wenigstens Anonyme
Gedichte" heißen sollte, s. Antijudaistische Schriften",
Sibyllinische Orakel", Apokryphe Schriften"!) das Stichwort
Pseudepigraphie". (Die Autoren-Artikel mit Ps.-" sind alphabetisch
beim Namen des Autors eingeordnet, z. B. Ps.-Hegesipp" nach
Hegesipp".) Auch sonst sind noch mehr Brückenschläge wünschenswert, so von
Apokryphe Schriften 4: Apokalyp
se" zu Baruch (Apokalypse)" (auf die übrigen nichtkanonischen
Offenbarungen wird verwiesen), bei Vetus Latina" auf die ebd. nicht erwähnte
Vulgata. (Die bei V. L." genannten Itala" und
Praevulgata" haben keinen eigenen Artikel, auch kein Verweislemma, und kommen
auch nicht im Register vor.) Bei der Erwähnung des Märtyrers von Scili" (616)
könnte gesagt werden, dass er unter Märtyrerakten 6" (414) behandelt ist.
Augustinus gegen Julian (75): Gemeint ist Julian aus Eclanum (361). Von wem stammt das
Zitat 236 (Firmicus Maternus, 1. Absatz)?
Sprachliches: Griechen / Christen" (526 f.) ist kein präziser Gegensatz;
sollte der Vf. an DÅëëçíåò = Heiden" gedacht haben? Ihre
Spruchüberlieferung ... wurde zunächst mündlich überliefert" (570)? Als ein Indiz
für die Entwicklung zur Koine wird 567 ohne jedes Konkretum Formenlehre:
Neuerungen" präsentiert. An welchen Benutzerkreis denken Hrsg. und Verlag einerseits
bei der unkommentierten Nennung von Enkainiensynode" (405), endemischer
Synode" (391), homoiisch" (634) und der ständigen Verwendung der
verfremdenden Namenform Ijob" (Hiob), andererseits bei der Erklärung von
aaO.", AT", griech." im Abkürzungsverzeichnis? _ Die
Abkürzungen biblischer Bücher (XV) sollten alphabetisch gereiht sein.
An Forschungs-Literatur vermisste ich Richard Kleins Arbeiten zu Basilius' Schrift
An die Jugend" und zu den 1991 gefundenen Augustinus-Predigten (jetzt alles in
Richard Klein: Roma versa per aevum, Ausgewählte Schriften, Hildesheim 1999). Andere
Desiderate bei J. B. Bauer, AAHG 52, 1999, 129 f. _ Gut die raumsparenden Sigel für
Verlagsorte; nicht so glücklich das Abkürzen der Vornamen auch bei selbständigen
Veröffentlichungen; überflüssig Erläuterungen wie 568 zu
Greek Translations of Latin": Übersetzungen lat.-griech.". - Im
Abkürzungsverzeichnis fehlt manches, so RMP. (Warum nicht: RhM?) - Griechische Titel
erscheinen gewöhnlich griechisch; warum nicht bei Philokalie"? Hier ist sogar
der Titel der Edition transliteriert. Aber dann bitte ç, ù als e, o. _ Druckfehler sind
selten. Den Gräzisten stören am meisten ÓÙÔÅÑ in dem berühmten Akrostichon der
Oracula Sibyllina" 8,217 ff. (S. 10), Phillippus" (503),
cathechizandis" (80), Erechtius" (202; - chth-!),
ðëçñïöïñáß (357; ßáé), \ÉíäéêïðëåõóôÞò (139; der Akut muss auf
die vorletzte Silbe). _ Der saubere Zweispaltendruck trägt zur Übersichtlichkeit bei,
der stabile Einband zur Haltbarkeit.
Gewidmet ist das Werk Paul Mikat in seiner Eigenschaft als Präsident der
Görresgesellschaft.7
1) In dem zu besprechenden Buch wird auch pagan" verwendet. Auf jeden Fall bin
ich gegen heidnisch"; es hat im allgemeinen Sprachgebrauch etwas Pejoratives.
2) Ich bevorzuge aus"; von" klingt so nach Adel. Übrigens ist auch
im Neuen Pauly" das aus" im Kommen.
3) Dieselben zeitlichen Grenzen zieht O. Hiltbrunner, Patristik, in: Der Kleine
Pauly" 4, 1972, 555. Vgl. J. Kramer, Geschichte der lateinischen Sprache, in: Fritz
Graf (Hrsg.), Einleitung in die lateinische Philologie, Stuttgart, Leipzig 1997
(Einleitung in die Altertumswissenschaft 2), 154. Columban (543-615), der laut Kramer
meist schon dem Mittelalter zugeordnet wird, ist im LACL noch berücksichtigt. (Zur
Einleitung" 2 siehe meine Rezension in Forum Classicum 3/97, 142ff.).
4) Zu dem Band siehe meine Rezension in Forum Classicum 1/98, 48ff.
5) 1994 ist ferner ein Lehrbuch der Patrologie" von Hubertus R. Drobner
erschienen; man ist verblüfft, es im LACL überhaupt nicht erwähnt zu finden, zumal es
im gleichen Verlag Herder verlegt worden ist. Übrigens beginnt auch bei Drobner die
christliche Literatur mit dem NT.
6) Ganz am Rande: Es begegnen mehrere Personen mit dem Beinamen der Große";
man wüsste gern, soweit es bekannt ist, wer wann von wem warum diesen Titel erhalten hat.
Bei dem Kappadozier Basilius wird immerhin mitgeteilt, dass er schon zu Lebzeiten so
genannt wurde. Wie steht es mit (in alphabetischer Reihenfolge) Antonius (s. o.),
Athanasius aus Alexandrien (570), Gregor I., Konstantin I, Leo I.? Zu anderen Fällen J.
Werner, Friedrich II. - der Große?", in: Sächsische
Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Arbeitsblätter der Kommission für
Kunstgeschichte, Literatur- und Musikwissenschaft 12, 1999, 32ff.
7) Aus seiner Zeit als Kultusminister in Nordrhein-Westfalen ist er manchem
Gymnasiallehrer vielleicht noch als Erfinder" der (nicht von ihm so betitelten)
Mikätzchen" ein Begriff.
Jürgen Werner, Leipzig

  
Besser in Latein. Grammatik 1./2. Lernjahr; Michael Prünte
und Stephanie Viefhaus, Besser in Latein. Grammatik 3./4. Lernjahr, Berlin: Cornelsen
Scriptor (Lernhilfen), 1999; ISBN 3 589 21170 9 und 3 589 21171 7, je 22,80 DM.
Die Besser in..."-Lernhilfen für Schüler von Cornelsen Scriptor erfreuen sich
offenbar wachsender Beliebtheit. 21 Besser in Mathe"-Folgen befinden sich
derzeit auf dem Büchermarkt, 20 für Deutsch und 13 für Englisch. Nun fällt auch Latein
nicht mehr aus dieser Reihe, sondern erweitert sie um die zwei hier vorzustellenden Bände
und einen dritten zur Lektüre im 3./4.Lernjahr. Die zugehörige Taschengrammatik
Pocket- Teacher" hat kürzlich an gleicher Stelle Dr. Peter Helms in einer
verdienstvollen, weil präzise auf enthaltene Fehler und Ungenauigkeiten hinweisenden
Rezension vorgestellt (vgl. Forum Classicum 2/99, S. 111ff).
Beide Bände stimmen trotz verschiedener Autoren in Aufbau und Layout überein: in
abgeschlossenen Kapiteln werden einzelne grammatische Schwerpunkte der jeweiligen
Lernjahre zum Training angeboten, wobei jedes Kapitel aus gemischten Texten, Übungen
(Lösungsheft liegt jeweils bei) und Erklärungen bzw. Merksätzen besteht. Dabei sind die
Themen der Texte, die Übungsformen sowie Art und Güte der grammatischen Erläuterungen
so vielfältig, dass hier nur auf wenige Beispiele eingegangen wird. Band 3./4. verweist
häufig auf Band 1./2., ohne jedoch immer mit ihm übereinzustimmen (siehe unten das
Beispiel Ablativfunktionen). Die Gestaltung der Bände scheint mir gelungen: erfreulich
schlicht in schwarz-weiß und blau präsentiert sich die Materie, die großzügig auf die
Seiten verteilt ist (unverzichtbar, da viele Lösungen direkt ins Buch geschrieben werden
sollen). Jedes Thema hat zum Motivieren vor den Grammatik-Überschriften eine (mehr oder
weniger) einladende Haupt-Überschrift (z. B. Erst mal zum Latein-TÜV; nd - O weh!), die
weiß auf blaumarmoriertem Grund - unverkennbar schon beim ersten Durchblättern - ein
neues Kapitel anzeigt. Noch etwas anderes fällt beim ersten Durchblättern ins Auge: Die
zahlreichen Zeichnungen von Klaus Puth. Die haben zwar mitunter etwas arg Skurriles, sind
aber in Teilen ausgesprochen erheiternd und nur an wenigen Stellen m. E. wirklich fehl am
Platze, wobei ich nicht einmal sicher bin, ob die Schüler ein Da wirst du
geholfen" intonierendes Verona-Double beim Dativobjekt (Bd. 1./2., S.23) nicht doch
oder sogar gerade komisch finden. Die Schüler, denen ich die Bücher zeigte, haben
jedenfalls bei etlichen Bildern schallend gelacht, was auch der Grund ist, aus dem die
Gestaltung hier so ausführlich besprochen wird: Schüler sollen ja diese Bände kaufen,
um selbständig Latein zu üben. Ein Buch aber, das schon beim ersten Ansehen anspricht,
hat gute
Chancen gekauft zu werden.
Die Übungen bilden eine gelungene Mischung aus Abwechslung und Kontinuität. Einfache und
bekannte, im Grunde herkömmliche Arbeitsformen sowie -aufträge, die sich zudem
wiederholen, sind für den allein übenden Schüler m. E. besonders wichtig. Angenehm auch
die Möglichkeit des Ausfüllens von Tabellen, vorgezogenen Linien etc. Ökonomisch
ungünstig, da kein Zweiter mit demselben Buch arbeiten kann, führt dies vielleicht dazu,
dass der Eigentümer" das selbst
ausgefüllte Buch zum Nachschlagen verwendet. Dazu eignen sich ohnehin diverse Passagen,
eine davon: der überaus nützliche grammatische Vorkurs in Bd.1./2., S.6ff (Wortarten,
Satzglieder, Grundbegriffe etc). Beide Bände erweisen sich für den Lateinlehrer, der
immer auf der Suche nach einprägsamen, griffigen und leicht zu erschließenden
Beispielsätzen ist, als Fundgrube. Vielfach liegt auf gelungene Weise eine mythologische
Geschichte einer gesamten Passage zugrunde, so z. B.
dem Konjunktivkapitel in Bd.3./4. (Daedalus, Icarus, Minos, Theseus und Ariadne). Ein
Schüler, der einige Seiten zur Probe bearbeitete, war darüber hocherfreut. Dafür fielen
die sechs Arbeitsschritte zur p.c.-Übersetzung ...inspizieren, isolieren,
,temporieren`, ,laborieren`, semantisieren, fixieren. . ." (Bd. 1./2., S.55)
gegenüber den Normalformulierungen" (part. suchen, bestimmen, Zeitverhälnis
usw.) glatt durch. Beklagt wurden auch Sätze wie: si liberi parentibus parerent, vita
facilior esset (Bd.3./4., S. 36). Nun immerhin, ehe ein Schüler diesen Irrealis der
Gegenwart (!) monieren kann, muss er ihn übersetzt haben. Liest ein Lateinlehrer dieses
Buch, gibt es sicher an diversen Stellen Einwände gegen Formulierungen. So verwundert z.
B., wenn die Schüler in Bd.3./4. (S. 64) erfahren, dass ein beim Übersetzen eines
Satzes übriggebliebenes Wortpärchen ...in der Regel ein abl. abs ..." sei
oder wenn man in Bd.1./2. (S. 82) beim p.c. mit der Beiordnung (die m. E. für den
Schüler verlässlichste Art der Übersetzung) dem Autor zufolge ... einer
sachgerechten Übersetzung ..." gerademal ... einen großen Schritt näher
gekommen ist." Folgendes scheint mir von Nachteil zu sein: Die Autoren betonen,
... Stoffverteilungspläne und Wortspeicher aller neuen Lehrbücher berücksichtigt
..." zu haben (Bd.3./4., S. 6). Dieser Anspruch ist zu hoch gegriffen. Dem Schüler
wird geraten, unbekannte Vokabeln im Lehrbuch nachzuschlagen. Schon nach wenigen
Stichproben fällt auf, dass für etliche Schüler, die kein Wörterbuch besitzen, an
dieser Stelle die Übung zu Ende ist (Bsp.: Ostia altera I hat nicht: expugnare und aula -
beide in der Übung zum p.c. im Bd.1./2., S.80ff). Das ist wohl ein Hindernis bei allen
lehrbuchübergreifenden Übungsmaterialien. Fast genauso unlösbar scheint das Problem
unterschiedlicher Bezeichnung und Gewichtung grammatischer Erscheinungen. Dabei wird ein
Schüler oft zusätzlich verwirrt, weil er etwas in der Schule anders gelernt hat. Im
besten Falle nimmt er sein Buch mit zum Lehrer, fordert eine Erklärung ein und hat am
Ende einen Extra-Wissenszuwachs, weil er erkannt hat, dass man die Dinge auf verschiedene
Weise sehen kann. Im besten Falle, wie gesagt. Ein Beispiel: Der dativus commodi wird im
Bd.3./4., S. 81, als zweite Funktion des Dativs nach der des Objektes geübt. Davon
abgesehen, dass die Einstufung des commodi als Adverbiale nicht von allen Schulgrammatiken
geteilt oder überhaupt thematisiert wird: Arcus", Arcus compactus",
Ostia altera", Iter Romanum" - bei allen Fehlanzeige, er kommt nicht
vor. Einige Schüler werden dafür den dativus possessivus vermissen, den sie wiederum aus
ihrem Unterricht kennen. Ähnliches widerfährt bei den Ablativfunktionen (Bd. 3./4., S.
83): durch alphabetische Ordnung rutscht der ablativus causae an die erste Stelle der
Aufzählung, vor den instrumenti, wobei der für den m. E. ungeschlagenen Merkspruch
Lo-Te-In-So-Se (vgl. u. a. Ostia
altera) unverzichtbare sociativus ignoriert wird. Im Bd.1./2. war der übrigens noch da,
genauso wie der abl. modi, dafür fehlt dort der abl. causae. Diese Liste ließe sich
fortführen, trübt jedoch nur gering den Eindruck, dass bei den genannten Vorzügen der
Nutzen eines solchen Übungsbuches gegenüber den Nachteilen, die offenbar nur schwer
auszuräumen sind, überwiegt.
Peggy Wittich, Cottbus

  
Der Dieb auf dem Mondstrahl. Lateinische Geschichten aus
Morgen- und Abendland. Bamberg: Buchners 1999, 14,40 DM (Transit - Die Übergangslektüre,
Heft 5).
Wie ermögliche ich meinen Schülern einen möglichst schmerzfreien und motivierenden,
vielleicht auch ein wenig unterhaltsamen Übergang vom Lehrbuch zur Originallektüre, in
dem noch einige grammatische Phänomene systematisch aufgegriffen und vertieft werden
sollen, in dem die Schüler aber dennoch behutsam aus den gewohnten Schemen der
Lehrbucharbeit entlassen werden? Eine neue, durchaus reizvolle Antwort auf diese Fragen
bietet das Übergangslektüre-Heftchen Der Dieb auf dem Mondstrahl" von Helmut
Quack (Heft 5 aus der Reihe Transit"). Quack stellte Episoden der
disciplina clericalis" des Petrus Alfonsi zusammen, eines ursprünglich
jüdischen, 1106 getauften
Arztes in Diensten des Königs Alfons I. von Aragon. Die insgesamt 14, dem klassischen
Latein angeglichenen und für Schülerinnen und Schüler gut lesbaren Episoden aus der
kulturell sehr heterogenen iberischen Halbinsel der ersten Jahrtausendwende erzählen
abwechslungs- und pointenreich Lebensweisheiten, Anekdoten und Fabeln christlicher wie
arabischer Herkunft. In der bekannten Transit-Methode umfasst jede Episode wie eine
Lehrbuchlektion eine Doppelseite,
enthält einen grammatischen Schwerpunkt und ist mit Interpretationsaufgaben versehen.
Angenehm ist hierbei, dass der jeweilige grammatische Schwerpunkt (verschränkte
Relativsätze, nd-Formen, Supina, NcI, ut- u. ne-Sätze, oratio obliqua, Pronomina und
Genetiv-Funktionen) den Text nicht bis zur Künstlichkeit überfrachtet. Für die Klärung
grammatischer Fragen wird der Schüler oft zur Eigeninitiative aufgefordert, indem er
Suchaufgaben für seine Grammatik erhält. Die Interpretations- aufgaben lenken
zielgerichtet und motivierend auf die Substanz der Texte und schulen so ein
analytisches Lesen. Vielleicht sollte man bei der Lektüre einiger Geschichten aus dem
arabischen Kulturkreis mit schaurig-brutalem Einschlag den Schülerinnen und Schülern die
Problematik von
Klischeebildungen vor Augen halten, die im Mittelalter nicht anders funktionierten als
heute noch. Insgesamt ein sehr lohnendes Werk, das den Schülerinnen und Schülern
sicherlich Spaß macht, ihnen inhaltlich den Weg zur Originallektüre ebnet und formal
noch die gewohnte Struktur des Lehrbuchs belässt. Und nicht zuletzt tragen zur
motivierenden Wirkung des Heftchens die liebevoll und mit viel Humor gestalteten
Zeichnungen von Isa Dietrich bei.
Hannes Steinke, Berlin

  
CD AVE MARC AUREL (produziert von der österreichischen
SODALITAS).
Sie umfasst eine Hommage an Marc Aurel von Joseph Brodsky, eine Würdigung Marc
Aurel" aus den Zwölf Blättern aus einem Geschichtsatlas" von Rolf
Hochhuth sowie als Haupttext eine Auswahl aus Marc Aurels An sich selbst" (in
der Übersetzung von Joachim Dalfen). Gelesen wurden die Texte vom Schauspieler Martin
Schwab. Die Dramaturgie betreute Ernst Sigot.
Für den Griechisch- und Lateinunterricht sehr förderlich, da hier nicht bloß die
Rezeption stoischen Denkens der Antike, sondern auch dessen aktuelle Würdigung durch
angesehene Literaten zu Ohren gebracht werden.
Die CD kostet (inklusive Porto und Verpackung 35,- DM); Bestellung bei Mag. Wilhelmine
Widhalm Kuperschmidt, Leopolderplatz 82, A-1210 Wien; Bezahlung erwünscht entweder in
Bargeld im Brief oder über Postbank: PSK-Konto 7480544, BLZ 6000 (kein Scheck!).
Friedrich Maier

  
Eine Erlebnisreise in die griechische Antike; erarbeitet im
Auftrag des Staatsinstituts für Schulpädagogik und Bildungsforschung (ISB), Arabellastr.
1, 81925 München; Systemanforderungen: Windows 95/98 oder Windows NT, 10 DM (für Gruppen
ab 20 Schülern 5 DM).
Multimedia CDs für den Lateinunterricht stehen mittlerweile in recht großer Zahl zur
Verfügung. Für den Griechischunterricht musste man bisher auf ein angemessenes Produkt
vergeblich warten. Dieses Lücke schließt nun das multimediale Lern- und Spielprogramm
HELLENÍA - Eine Erlebnisreise in die griechische Antike", das vom Arbeitskreis
Computereinsatz im Griechischunterricht" am bayerischen Staatsinstitut für
Schulpädagogik und Bildungsforschung (ISB) entwickelt und von der Hypo-Kulturstiftung und
dem Landesverband Bayern im DAV gefördert wurde. Der Adressatenkreis
dieser CD ist zu Recht weit gestreut: Einerseits sollen Schüler in der 8. Klasse
altsprachlicher Gymnasien auf den Griechischunterricht vorbereitet werden, ferner soll die
CD im Griechischunterricht zum Einsatz kommen, und schließlich ist sinnvollerweise auch
an die Nutzung an Schulen ohne Griechisch gedacht, um die Schüler in die griechische Welt
einzuführen.
Im Mittelpunkt des graphisch sehr aufwendig gestalteten Programms stehen zwei
Erlebnisreisen, und zwar nach Kreta zum Labyrinth von Knossos und eine Reise zu den Orten
Milet, Priene, Olympia und zum Götterberg Olymp. Da es sich um ein Lernspiel handelt,
müssen zahlreiche Aufgaben gelöst werden, um die Reisen erfolgreich abzuschließen.
Nach dem Programmstart sieht man zunächst eine Griechenlandkarte, die die Hauptebene des
Spiels darstellt. Zunächst wird dem Nutzer die Wahl gelassen, für welche der beiden
Reisen er sich entscheidet.
Besucht er Knossos, gelangt der Nutzer nach einer kurzen (gesprochenen) Einführung zu
einem interaktiven Lageplan des Palastes. Hier kann der Nutzer eine Vielzahl von
Sehenswürdigkeiten des Palastes besuchen (z. B. den Westhof, das Südpropylon, den
Zentralhof, das Theater, den Thronsaal, die Magazine und das große Treppenhaus) und eine
Fülle von Informationen zur minoischen Geschichte, Kunst und Religion sowie zur
Ausgrabungsgeschichte in Knossos erhalten. Klickt
man beispielsweise auf dem Plan das Theater an, erscheint ein passendes Foto; zu diesem
kann man sich dann durch Anklicken eines Fragezeichens einen erläuternden Sachtext auf
den Bildschirm holen, der in diesem Falle durch einen Sekundärtext von Nikos Katzanzakis
ergänzt wird. Dabei sind die gebotenen technischen Raffinessen durchaus beeindruckend: So
ist der rekonstruierte Zentralhof durch einen Panoramablick rundum zu betrachten.
Der Weg zurück zum Lageplan ist einfach: Man berührt mit dem Cursor den linken Bildrand,
worauf eine Steuerleiste mit Symbolabbildungen erscheint, durch deren Anklicken man zum
Lageplan oder zum Labyrinth gelangen kann. Leider sind die Abbildungen etwas zu klein, so
dass man anfangs schon recht genau hinsehen muss, um die Bilder zu erkennen. Der Ausstieg
aus dem Programm erfolgt übrigens über eine Eule am rechten unteren Bildschirmrand.
Wenn man alle Sehenswürdigkeiten besucht hat, kann man auch dem Labyrinth einen Besuch
abstatten. Man kommt zunächst in einen Raum, in dem ein Stierkopf hängt. Berührt man
den Kopf mit dem Cursor, zerbricht er in einzelne Teile und verschwindet im Labyrinth. Das
spielerische Ziel besteht nun darin, den Kopf wieder zusammenzusetzen. Dafür muss man ins
Labyrinth gelangen, was allerdings nur möglich ist, wenn man das Zugangswort findet. Im
Labyrinth selber warten dann
auf den Besucher sechs Aufgabenteile u. a. zum Palast, seiner Ausgrabungsgeschichte und
zur Mythologie. Dabei sind die einzelnen Unteraufgaben sehr vielfältig, phantasievoll und
handlungsorientiert gestaltet; besonders gelungen ist ein Puzzle des Stierspringerfreskos,
das man mit Hilfe des Cursors zusammensetzen kann. Dabei entsprechen die Aufgaben der
intendierten Hauptzielgruppe: Man muss kein Griechisch können, um die Fragen zu
beantworten.
Die zweite Erlebnisreise führt in die kleinasiatischen Städte Milet und Priene, nach
Olympia und zum Götterberg Olymp. Die Reise beginnt in Athen, wo man vor dem Hintergrund
der Akropolis Sokrates begegnet, der den Spieler akustisch vernehmbar mit dem griechischen
ößëå, ðï¦ äL êáM ðüèåí begrüßt - der Satz wird natürlich auch
übersetzt - und die Aufgabe formuliert: Man soll auf der Reise durchs antike Griechenland
nach den vier Elementen suchen, mit denen sich die Philosophen vor Sokrates beschäftigt
haben, und diese nach Athen zurückbringen. Bereits an der griechischen Begrüßung wird
deutlich, dass auf dieser Reise der sprachliche Aspekt neben dem kultur- geschichtlichen
eine wichtigere Rolle als bei der Kretareise spielt. Sodann kann man auf der
Griechenlandkarte die entsprechenden Städte durch Anklicken erreichen.
Kurzbesuche sind beispielsweise in Troja, Sparta oder Mykene möglich. Sehr umfangreich
sind die Hauptreiseziele gestaltet: Dort erwarten äußerst vielfältige Inhalte und z. T.
recht anspruchsvolle Aufgaben den Besucher: Dabei sollte man zuerst in Milet beginnen, um
dann über Priene nach Olympia und schließlich zum Olymp zu kommen. Auch hier kann man
zahlreiche Informationen zur antiken Geschichte und Kultur erhalten, also z. B. in Olympia
über die einzelnen Gebäude des
heiligen Bezirks oder in Milet und Priene über die wichtigsten Bauwerke und
Persönlichkeiten der jeweiligen Stadt.
Teilweise können die Texte sogar ausgedruckt werden. Deutlich mehr Wert wird im Gegensatz
zur Kretareise auf die griechische Sprache gelegt; gesprochene Originalzitate,
Schreibübungen zum Alphabet und die Nennung von Fremdwörtern unterstreichen diesen
Schwerpunkt.
Aber nicht alle Aufgaben sind von gleicher Qualität: Ist es ziemlich anspruchsvoll und
zeitraubend, das Haus Alexanders des Großen in Priene mit Hilfe des Satzes des Thales zu
finden, so scheint die Aufgabe, das griechische Wort Väùñ in Mosaiksteinchen
zusammenzulegen, technisch nicht ganz ausgereift: Was nach Ansicht des Spielers deutlich
ein Delta ergibt, wird vom Programm nicht anerkannt; die vom Programm schließlich als
Delta gebilligte Zusammenstellung kann dagegen beim besten Willen kaum als Delta
identifiziert werden. Positiv hervorzuheben ist die Bemühung der Autoren um einen recht
lockeren Ton, wenngleich mancher Kommentar etwas gestelzt und einige Scherze ziemlich
hausbacken wirken. Wirklich professionelle Sprecher hätten die Professionalität der
Gesamtgestaltung abgerundet; dies hätte jedoch vermutlich den finanziellen Rahmen der
Unternehmung gesprengt. So fallen diese monita im Verhältnis zu den hier gebotenen
faszinierenden
Möglichkeiten, der griechischen Antike zu begegnen, kaum ins Gewicht.
Insgesamt ist den Herausgebern ein ganz außerordentliches Produkt gelungen, das in seiner
Form und seinen didaktischen und methodischen Möglichkeiten bisher seinesgleichen sucht.
Somit ist nun auch der Griechischunterricht endgültig im Computerzeitalter angekommen.
Hoffentlich macht die teilweise noch recht dürftige Computerausstattung in den Schulen
keinen Strich durch die Rechnung: Einen Pentium-Rechner mit viel Arbeitsspeicher braucht
man schon, um das Programm
angemessen nutzen zu können. Besonders hervorzuheben bleibt schließlich der
ausgesprochen günstige Preis, der eine weite Verbreitung sicherstellen sollte. Übrigens
können zahlreiche methodische und didaktische Hinweise zum Einsatz der CD in einer eigens
verfassten Handreichung des ISB nachgelesen werden.
Stefan Kipf

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